01.12.2025 09:02
Berlin (epd). Im Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) bleibt ein zusätzlich geschaffener Sitz voraussichtlich bis 2029 vakant. Im März begann die neue vierjährige Amtsperiode des Aufsichtsgremiums, dem seitdem nicht 33, sondern nur 32 Mitglieder angehören. Der Zusatzsitz, für den insgesamt sieben Bewerbungen eingingen, wurde bislang nicht vom Berliner Abgeordnetenhaus vergeben. Das erklärte die Pressestelle des Parlaments auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Im Abgeordnetenhaus bilden CDU und SPD die Regierungskoalition.
Für keinen der Bewerber hätte es eine notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit gegeben, "weil es jeweils Bedenken unterschiedlicher Fraktionen gab", sagte Christian Goiny, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, dem epd. Das hätten informelle Gespräche im Abgeordnetenhaus ergeben. Die Rechtslage sei von der Parlamentsverwaltung so interpretiert worden, dass eine neue Ausschreibung nicht zulässig sei. Deswegen sei es "leider nicht möglich gewesen, diese Position im Rundfunkrat zu besetzen", so Goiny.
Die Länder Berlin und Brandenburg hatten in der Novelle des RBB-Staatsvertrags, die Anfang 2024 in Kraft trat, verankert, mit der neuen Amtsperiode des Rundfunkrats den Zusatzsitz einzurichten. Befristet für stets vier Jahre und nach öffentlichen Bewerbungsverfahren ist der Platz an eine Gruppierung oder Organisation zu vergeben, die bisher nicht im Rundfunkrat vertreten ist. Dadurch soll die Vielfalt der gesellschaftlichen Kräfte in dem Aufsichtsgremium gesichert werden. Festgelegt wurde, dass zuerst das Abgeordnetenhaus Berlin den Zusatzsitz vergibt und für die folgende Amtsperiode dann der Landtag Brandenburg.
Die öffentliche Ausschreibung für den zusätzlichen Platz lief bis Ende August 2024. Zu den sieben Bewerbern gehörten unter anderem die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (Claim), der Landesverband Berlin-Brandenburg des Humanistischen Verbands Deutschlands, der Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg und der Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für die Sitzvergabe kann im Parlament nur erreicht werden, wenn CDU und SPD Unterstützung aus der Opposition erhalten, entweder von den Grünen oder den Linken.
Im Herbst 2024 hatten Grüne und Linke gemeinsam dafür plädiert, den Zusatzsitz an die Überparteiliche Fraueninitiative (ÜPFI) zu vergeben, die sich ebenfalls beworben hat. Mit den beiden Regierungsfraktionen gelang dazu jedoch keine Verständigung. "Unser Vorschlag die ÜPFI zu entsenden, war ein Angebot, die Überparteilichkeit zu gewährleisten", sagte Anne Helm, Co-Fraktionsvorsitzende und medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, dem epd. Die Initiative sei "eine engagierte und kritische Partnerin, mit der die demokratischen Fraktionen des Hauses schon lange zusammenarbeiten".
Dass hierzu keine Verständigung möglich war, sei nicht zu verstehen, sagte Helm. Dass der Rundfunkratssitz unbesetzt bleibe, sei ärgerlich und werde das Vertrauen in die Gremien des RBB nicht stärken. Sollte die Koalition im Gegensatz zur Linksfraktion der Auffassung sein, dass der Sitz nachträglich besetzt werden könne, sei man jederzeit gesprächsbereit, so Helm.
Dass der Platz im Rundfunkrat nicht vergeben wurde, kritisiert auch Gollaleh Ahmadi, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Für sie liege "der Eindruck nahe, dass CDU und SPD sich intern nicht einigen können und das Thema deshalb aussitzen", sagte Ahmadi dem epd. Offensichtlich fehle der politische Wille, diesen Sitz tatsächlich zu vergeben. Das sei nicht nachvollziehbar.
Der Zusatzsitz sei bewusst in den neuen RBB-Staatsvertrag aufgenommen worden, um gesellschaftliche Vielfalt im Rundfunkrat zu stärken, hob Ahmadi hervor: "Dass dieser Platz acht Monate nach Beginn der Amtsperiode immer noch unbesetzt ist, untergräbt genau dieses Ziel." Sie sehe "aktuell keine Anzeichen dafür, dass die Koalition das Verfahren in dieser Legislatur noch abschließen will". Im September 2026 wird das Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt. Die medienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Melanie Kühnemann-Grunow, ließ eine Anfrage unbeantwortet.
vnn
Zuerst veröffentlicht 01.12.2025 10:02 Letzte Änderung: 01.12.2025 10:41
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Aufsicht, RBB, vnn, BER, NEU
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