29.11.2024 12:20
Frankfurt a.M. (epd). Der Schweizer Publizist Roger de Weck hält die geplante Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für sehr weitgehend. Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass die 16 Bundesländer sich darauf einigen würden, sagte de Weck, der dem von den Ländern eingesetzten Zukunftsrat für die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angehörte, dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Politisch haben sie mehr als das Mögliche, nämlich das fast Unmögliche erreicht."
Allerdings sei nach den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober "zu viel über Fernsehkanäle und Hörfunksender diskutiert worden und zu wenig über Strukturreformen", kritisierte der Publizist: "Der Abbau von Kanälen löst keine Strukturprobleme und bringt wenig Geld." Ausschlaggebend sei in Zukunft das Onlineangebot, nicht die Zahl der Kanäle.
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder hatten sich im Oktober auf einen Reformstaatsvertrag geeinigt, der das Profil von ARD, ZDF und Deutschlandradio schärfen soll und ihnen aufgibt, einige Fernsehkanäle und Radiowellen einzustellen. Noch keine Einigung besteht über die zukünftige Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte im vergangenen Februar eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro zum 1. Januar 2025 empfohlen. Da die Länder die Empfehlung der KEF nicht umsetzten, reichten ARD und ZDF am 19. November Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Diese Klage komme zur Unzeit, sagte de Weck dem epd. Das koste "Goodwill" bei der Politik. Der Reformstaatsvertrag sei "ein Weckruf". Entscheidend sei nun, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten den Ball, den die Medienpolitik ihnen zugespielt habe, aufnehmen: "Falls sie den Ball wegspielen, wird ihnen die Politik früher oder später wesentlich härtere und möglicherweise ungemütliche Vorgaben erteilen."
Die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser müssten das Publikum für sich einnehmen, sagte de Weck, "aber nicht durch Anbiederung oder mediale Nervosität". Sie hätten "das Privileg, aber auch die Pflicht, dem Journalismus treu zu bleiben und Fehlentwicklungen des Medienbetriebs möglichst zu vermeiden". Das Erfolgsmodell öffentlich-rechtlicher Anbieter sei: "Ruhig bleiben, journalistisch bleiben. Das mag kurzfristig Klicks kosten, mittelfristig wird das Publikum umso fester gebunden. Hier eröffnet sich den Öffentlich-Rechtlichen eine Riesenchance."
Roger de Weck (71) war von 1997 bis 2001 Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" in Hamburg". Von 2011 bis 2017 war er Generaldirektor des Schweizer Rundfunks SRG SSR.
dir
Zuerst veröffentlicht 29.11.2024 13:20
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Reformen, de Weck, Zukunftsrat, Roether
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