09.12.2025 07:40
Berlin (epd). Die Produktionsallianz kritisiert die von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) angekündigten Investitionszusagen von internationalen Streamingdiensten und privaten Sendern im Video-on-Demand-Bereich in den Filmstandort Deutschland als "Mogelpackung". Die angekündigten 1,83 Milliarden Euro der internationalen Streamer bis 2030 seien wenig überzeugend, erklärte die Sprecherin des Gesamtvorstands der Produktionsallianz, Michelle Müntefering, am 7. Dezember in Berlin.
Eine Investitionsverpflichtung in Höhe von 15 Prozent auf die in Deutschland erwirtschafteten Umsätze würde nach den Berechnungen der Organisation im gleichen Zeitraum bis zu 3,88 Milliarden Euro bedeuten. Die Produktionsallianz verwies in diesem Zusammenhang auf die hohen Wachstumsraten des Streamingmarktes.
Medienberichten zufolge rechnet die Bundesregierung mit Investitionen von insgesamt etwa 15,5 Milliarden Euro bis 2030. Dies stehe in einem Papier von Kulturstaatsminister Weimer für den nächsten Koalitionsausschuss. Internationale Streamingdienste und private Sender im Video-on-Demand-Bereich hätten sich schriftlich verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren mindestens 1,83 Milliarden Euro zu investieren. Zusätzlich seien etwa sieben Milliarden Euro von privaten TV-Sendern und weitere 5,5 Milliarden Euro von den öffentlich-rechtlichen Anstalten vorgesehen. Die Pressestelle des Kulturstaatsministers ließ eine epd-Anfrage hierzu bislang unbeantwortet.
Zitiert wird aus dem Papier auch Weimers Einschätzung, dass eine freiwillige Zusage international leichter vermittelbar sei, "auch mit Blick auf US-amerikanische Zollpolitik". Eine gesetzliche Verpflichtung könne Sanktionen der USA provozieren. Der freiwillige Weg erhöhe dagegen die Rechtssicherheit.
Müntefering kritisierte die freiwilligen Zusagen als intransparent. "Es ist weder klar, welche Investitionen genau darunter fallen, noch, wie deren Einhaltung kontrolliert werden soll", sagte sie. Hinzu kämen unabsehbare Entwicklungen der internationalen Player, das zeige gerade wieder die Übernahme von Warner Bros. Discovery durch Netflix. "Wir fordern weiterhin die Einführung einer gesetzlichen Investitionsverpflichtung. Nur sie schafft Transparenz, Planungssicherheit und Vertrauen in den Filmstandort Deutschland."
Der Privatsender-Verband Vaunet lobte Weimers Modell wiederum als "zukunftsweisend". "Es ist nicht Aufgabe der Politik, nur Einzelinteressen der Produzenten zu verfolgen, sondern die Entwicklung des Standortes insgesamt im Blick zu halten", erklärte Vaunet-Geschäftsführerin Daniela Beaujean am 8. Dezember in Berlin. Starre gesetzliche Vorgaben für Investitionsentscheidungen stellten gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten eine immense Belastung und bürokratische Hürden dar. Vaunet habe sich stets gegen eine gesetzliche Investitionsverpflichtung ausgesprochen, "die Streaminganbieter mit Sitz außerhalb der EU ebenso wie alteingesessene nationale Medienunternehmen in dem bekanntermaßen sehr schwierigen Marktumfeld empfindlich treffen würde".
Ein Modell, das im besten Fall Hoffnung erzeugt.
Dagegen kritisierte der Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater (VdA) das Vorhaben ebenfalls. "Investitionen, die als großer Zukunftsimpuls angekündigt werden, erweisen sich in Wahrheit vielfach als ohnehin geplante Ausgaben", erklärte Vorstandsvorsitzender Ulrich Meinhard am 8. Dezember in Berlin. Die tatsächliche zusätzliche Wirkung für den Standort Deutschland bleibe damit minimal.
Die Kreativ- und Produktionsbranche erwarte seit Jahren ein politisches Signal, das Substanz hat. "Stattdessen setzt die Regierung auf ein Modell, das im besten Fall Hoffnung erzeugt und im schlechtesten Fall als reine PR-Maßnahme verpufft", so Meinhard. Deutschland brauche "ein verlässliches, modernes und international konkurrenzfähiges System der Investitionspflicht für audiovisuelle Inhalte".
Das Bundeskabinett hatte im Juli beschlossen, 2026 mehr Geld für die Filmförderung auszugeben. Insgesamt sind 250 Millionen Euro vorgesehen, davon sollen jedoch 120 Millionen Euro erst freigegeben werden, wenn es eine Investitionsverpflichtung gibt. Weimer sprach sich wiederholt gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Investitionsverpflichtung aus und deutete Mitte November im Ausschuss für Kultur und Medien im Bundestag an, dass das Geld auch freigegeben werden könnte, wenn die Unternehmen freiwillige Selbstverpflichtungen eingingen.
nbl
Zuerst veröffentlicht 09.12.2025 08:40
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Streaming, Weimer, Produktionsallianz, Vaunet, nbl
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