05.02.2025 16:56
Köln (epd). Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Katrin Vernau, hat erneut bekräftigt, dass aus ihrer Sicht auch Positionen der AfD in den Programmen des WDR dargestellt werden müssen. "Wenn die AfD mit ihrem politischen Angebot nicht vorkommt, fühlen sich Menschen, die diese Partei wählen, nicht abgebildet", sagte Vernau in der Sitzung des Rundfunkrats am Mittwoch in Köln. "Und es ist ja nicht so, dass es die AfD nicht mehr gibt, wenn sie in unseren Programmen nicht mehr vorkommt."
Der WDR müsse allerdings den Diskurs über die AfD mit journalistisch professionellen Angeboten moderieren. "Das ist für unsere Glaubwürdigkeit wichtig", erklärte Vernau.
Die WDR-Intendantin reagierte damit auf Kritik von einzelnen Rundfunkratsmitgliedern an verschiedenen Interviews, die Vernau zu ihrem Amtsantritt am 1. Januar gegeben hatte. "Eine solche Partei kann nicht wie jede andere behandelt werden", sagte Peter Freitag, der von der Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen, in das Aufsichtsgremium entsandt wurde. Man könne angesichts der Berichterstattung in den vergangenen Wochen meinen, dass Migration das einzige Thema sei. "Mein Eindruck ist, dass wir das Agendasetting der AfD mitspielen", erklärte Freitag.
Friederike van Duiven, entsandt vom Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler, Landesverband Nordrhein-Westfalen, kritisierte ebenfalls die öffentlich-rechtlichen Anstalten für die Berichterstattung in der Migrationsdebatte. Deren Leistung für einen Zusammenhalt in der Gesellschaft und gegen eine "faschistische Entwicklung" sei viel zu gering. Ksenija Sakelsek vom Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen forderte den WDR dazu auf, "nicht immer nur über uns zu sprechen" und in der Migrationsdebatte auch Menschen mit internationaler Familiengeschichte zu Wort kommen zu lassen.
Der WDR-Rundfunkrat kritisierte in der Sitzung zudem die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die von der Finanzkommission KEF empfohlene Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent im Monat nicht umzusetzen. Gleichzeitig begrüßte er in einer mehrheitlich verabschiedeten Erklärung die Reformbeschlüsse der Länderchefs, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk "im Grundsatz langfristig stärken, die Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Mitteleinsatzes adressieren und gesellschaftliche Interessen wahren". Der Reformstaatsvertrag soll auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 12. März unterzeichnet werden.
Zum Entwurf des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags, über den zwischen den Bundesländern noch beraten wird, hieß es: "Positiv ist zu bewerten, dass nicht mehr ein Bundesland allein das Verfahren blockieren kann, sondern es ein an der von der KEF vorgeschlagenen prozentualen Erhöhung des Beitrages orientiertes abgestuftes Verfahren des Widerspruchs geben soll." Der Rundfunkrat erwarte, dass der vorgeschlagene Systemwechsel die funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks absichere und auch die Rolle der unabhängigen KEF stärke.
Ob der Systemwechsel tatsächlich kommt, ist allerdings ungewiss. Bayern und Sachsen-Anhalt erklärten im Dezember, sie würden den Beschluss für ein neues Finanzierungsverfahren nur dann in das parlamentarische Verfahren geben, wenn ARD und ZDF ihre Verfassungsbeschwerde zum Rundfunkbeitrag zurückziehen. Die Sender lehnen dies ab.
Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei teilte dem epd am 1. Februar auf Anfrage mit, die Länder hätten den in Aussicht genommenen Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag am 30. Januar mit ARD, ZDF, Deutschlandradio und KEF erörtert: "Dabei haben Länder, KEF und Anstalten ihre jeweiligen Positionen in einem offenen Dialog ausgetauscht." Die Inhalte und Erkenntnisse des Erörterungstermins würden die Länder in ihre weiteren Beratungen einbeziehen, hieß es.
Der WDR-Rundfunkrat genehmigte in seiner Sitzung den neuen Vertrag der ARD mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) für den Zeitraum von 2025 bis 2029. Er sichert die Bundesliga-Berichterstattung in der ARD-"Sportschau" und im Hörfunk. Mehrere ARD-Gremien müssen dem Kontrakt zustimmen.
Außerdem wurde eine Programmbeschwerde gegen die TV-Show "#Kinderstören" mit Carolin Kebekus abgelehnt. Die Sendung war ohne Vorankündigung am Sonntag, 18. August 2024, ab 20.15 Uhr ausgestrahlt worden. Der Beginn des "Tatorts" verschob sich dadurch um 15 Minuten. Ein Beschwerdeführer kritisierte "#Kinderstören" als "aktivistische Propagandashow" und bemängelte eine unzureichende Einordnung der Forderung, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Einzelne Mitglieder des Programmausschusses bezeichneten die Aktion nach Angaben der Vorsitzenden Petra Kammerevert ebenfalls als belehrend.
Mehrheitlich wurde jedoch der Überraschungsmoment der nicht angekündigten Ausstrahlung gelobt. Der Beitrag habe zu einem offenen Meinungsaustausch angeregt, hieß es. Auch sei die Aussage von Kebekus über zunehmende rechtspopulistische Einstellungen bei Jugendlichen ("Brauner Mist. Das gilt es zu verhindern.") als zulässige Meinungsäußerung zu bewerten.
tgr/rid
Zuerst veröffentlicht 05.02.2025 17:56 Letzte Änderung: 06.02.2025 11:08
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Parteien, Migration, Vernau, WDR, WDR-Rundfunkrat, tgr, NEU
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