14.03.2025 08:30
Der letzte Einsatz von Axel Milberg als Kieler "Tatort"-Kommissar
epd Gibt es für den scheidenden Kieler "Tatort"-Hauptkommissar Klaus Borowski ein Jenseits? Der alte Fuchs könnte versuchen, es herauszufinden, auf seine typische Borowski-Art: Er würde erst einmal Gedanken zu lesen suchen und Fakten ahnen und nicht locker lassen, bis er vor dem Jenseits steht. Er würde sich sodann befreunden mit ihm, um es kennenzulernen und es in sich aufnehmen als Möglichkeit und es zuletzt wohl wieder verwerfen. Als etwas, das er nun erfahren hat und zu suspendieren wünscht - wie den Tod selbst.
Die Methode Borowski, die er selbst bei den schlimmsten der zahlreichen psychopathischen Mörder anwandte, geht allerdings nicht ohne emotionale Blessuren ab. In Erinnerung blieb Kai Korthals, der gruselige Serienmörder, der durch Wände zu gehen schien. Korthals (Lars Eidinger) nannte Borowski einen Freund, und es dauerte drei "Tatorte", bis sich das kriminalistische Fangnetz des Kommissars, geknüpft durch Ahnungen, Empathie, Kombinatorik und Erfahrung als engmaschig genug erwies, um die toxische Beziehung zu beenden.
Jetzt, viele Mörder und Mörderinnen später, mit entsprechender Lebenserfahrung, geht der Kommissar in den "heroischen Ruhestand", wie Autor Sascha Arango es nennt. Wenn er seinen letzten Fall, "Borowski und das Haupt der Medusa", überlebt.
Im Grunde geht er jetzt ins Jenseits, so oder so, ins Unbekannte, Offene. Der Beruf war seine Lebensform. Kann man sich Borowski als Privatier vorstellen, beim Segeln oder Angeln? Eher nicht. In seiner Abschiedsvorstellung schafft er es halbwegs erfreut bis ins Reisebüro. Wo er sich im Tagtraum einen Aufbruch mit Frieda Jung herbeiphantasiert.
Die Realität des Diesseits: Dicke Kataloge mit Aktiv-Seniorenreisen, jede Stunde des Tags durchstrukturiert. Horror für den Freigeist Klaus Borowski mit eigenen Zeitvorstellungen. Noch vier Tage als Ermittler hat er vor sich - und den frauenhassenden Serientäter Robert Frost (August Diehl in seiner ersten "Tatort"-Rolle).
Auf dem Bürgeramt überfällt Borowski der Hauch einer Irritation. Wer auf Reisen geht, braucht einen Pass. Wenn der Reisende Borowski heißt, braucht er einen Verdacht, um sich aufzumachen.
44 Fälle in mehr als 22 Jahren. Henning Mankell brachte dem Kieler "Tatort" "Nordic Noir"-Düsternis bei, zehn der Fälle schrieb Sascha Arango. Ermittlungen zwischen den Meeren und in den Tiefen der Bösartigkeit. Die letzte Folge ist eine groteske Komödie mit Hitchcock-Anschluss.
Es bleibt Borowskis gespieltes Verständnis für das, was sich dem Verstehen entzieht. Die Erinnerung an Märchenhaftes, an "Todesengel" wie Sabrina Dobisch oder Charlotte Delius und andere. Mit Charlotte Lindholm war Borowski in "Tatort"-Folge 1.000 zu sehen, in "Taxi nach Leipzig". Die Kolleginnen Sibel Kekilli als Sarah Brandt und Almila Bagriacik als Mila Sahin gestatteten Borowski, seinen Eigensinn produktiv einzusetzen.
Die private Bilanz: Ein Freund, der Vorgesetzte Roland Schladitz (Thomas Kögel). Eine große unvollendete Liebe - in der Polizeipsychologin Frieda Jung (Maren Eggert) hatte Borowski seine Seelenverwandte gefunden. Ob sie sich im Jenseits (des Ruhestands) treffen? Sascha Arango würde Milberg und Eggert gern als Paar in neuen Rollen zusammenführen. Borowski hat da so eine Ahnung.
Zuerst veröffentlicht 14.03.2025 09:30
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Krimi, Tatort, Borowski, Milberg, Hupertz
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