Presserat spricht so viele Rügen aus wie nie zuvor - epd medien

26.02.2025 13:24

Der Deutsche Presserat zieht Bilanz: 2024 gab es so viele Verstöße gegen den Pressekodex wie nie zuvor. Besonders häufig wurden Redaktionen für fehlerhafte Berichterstattung oder Clickbaiting gerügt.

Pressekodex des Deutschen Presserats

Berlin (epd). Der Deutsche Presserat hat im vergangenen Jahr so viele schwere Verstöße gegen den Pressekodex festgestellt wie nie zuvor. Insgesamt wurden Redaktionen in 86 Fällen gerügt, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Jahresbericht des Selbstkontrollorgans hervorgeht. Im Jahr zuvor hatte das Gremium 73 Rügen ausgesprochen.

Mehr als 40 Prozent der Rügen betrafen schwerwiegende Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Neben schweren sachlichen Fehlern in der Berichterstattung rügte der Presserat auch mehrfach irreführende Überschriften als Clickbaiting.

Verlässlichkeit als Wettbewerbsvorteil

Der Sprecher des Presserates, Manfred Protze, zeigte sich besorgt über "die Verlässlichkeit der Medien in der informationellen Berichterstattung". Diese sei ein Kapital, "das sehr schnell verspielt werden kann, wenn man nicht aufpasst", sagte er bei der Vorstellung des Berichts. Die Verlässlichkeit in der Berichterstattung sei zudem ein Wettbwerbsvorteil der Presse gegenüber den Sozialen Medien, in denen alle Inhalte kostenlos angeboten werden.

27-mal rügte der Presserat Redaktionen wegen Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes, insbesondere bei Verstößen gegen den Opferschutz, wenn Straftaten- oder Unfallopfer in der Berichterstattung identifizierbar waren.

Auch die Zahl der Leserbeschwerden stieg im vergangenen Jahr weiter an. Das Selbstkontrollorgan erhielt 2024 insgesamt 2.215 Beschwerden, 365 mehr als im Vorjahr. Die meisten Beschwerden bezogen sich auf Texte in Regional- und Lokalzeitungen. An zweiter Stelle stehen Boulevardmedien, gefolgt von Publikumszeitschriften.

Terroranschläge im Fokus der Beschwerden

Im Fokus der Beschwerden waren die Terroranschläge in Mannheim, Solingen und Magdeburg. Besonders kritisiert wurde ein in den Sozialen Netzwerken kursierendes Video vom Messerangriff in Mannheim im Mai 2024, das den vollständigen Hergang der Tat zeigte. Das Portal "schwaebische.de" erhielt für die Veröffentlichung des Videos eine Rüge, ebenso wie die Portale "Bild.de" und "BZ.de", die Standbilder des Videos veröffentlichten.

Für zahlreiche Beschwerden sorgten auch Berichte über die Auseinandersetzungen zum Krieg zwischen Israel und der Hamas. So wurde das Online-Portal "Bild.de" für die falsche Behauptung gerügt, dass "Tausende" auf einer Pro-Palästina-Demo "Israel bombardieren" gefordert hätten, obwohl dies nur eine kleine Gruppe rief. Eine weitere Rüge erhielten die "Bild"-Medien für die unzutreffende Bezeichnung des Rappers Disarstar als "Judenhass-Rapper", da er sich bereits von früheren Äußerungen distanziert hatte und keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt.

Der Presserat hat sich nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr auch vermehrt mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) auseinandergesetzt. Eine Aktualisierung des Pressekodex sei beim derzeitigen Erfahrungs- und Wissensstand nicht erforderlich, sp Protze. Stattdessen habe der Presserat noch einmal ausdrücklich in der Präambel des Kodex unterstrichen, dass die Verantwortung für alle Inhalte, die mit KI-Hilfe publiziert werden, bei den Redaktionen und Verlagen liege.

kps



Zuerst veröffentlicht 26.02.2025 11:14 Letzte Änderung: 26.02.2025 14:24

Schlagworte: Medien, Medienethik, Presserat, Protze, kps, NEU

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