10.03.2025 10:02
epd Mit 30 zurück zu Muttern: Das allein ist schon eine Art Kapitulation vor dem Leben. In der ersten Staffel der Neo-Serie "Like a Loser" hatte Musiker Julian auch noch erfahren, dass er vor 15 Jahren einen Sohn gezeugt hat. In der zweiten Staffel will er beweisen, dass er Verantwortung übernehmen und dem Jungen ein guter Vater sein kann. Über diesen Umweg will er das Herz seiner Jugendliebe zurückerobern. Das Unterfangen ist allerdings von vornherein zum Scheitern verurteilt: Lehrerin Marie mag ihn zwar nach wie vor, aber im Körper ihres früheren Freundes steckt immer noch der Teenager von einst. Ernst (Diyer Ilhan), der gemeinsame Sohn, ist im Grunde erwachsener als sein Vater.
Außerdem hat Julian (Ben Münchow) die fatale Neigung, sich ständig in Missgeschicke zu manövrieren. Er lässt kein Fettnäpfchen aus und produziert permanent Lügen, die ihn aber stets nur vorübergehend retten. Zu allem Überfluss ist Maries Chef (Tom Beck) der exakte Gegenentwurf zu dem ausschließlich um sich selbst kreisenden Kindskopf Julian: Guideon bietet Marie (Tinka Fürst) jede nur denkbare Sicherheit, er ist zuverlässig und immer für sie da, aber in seiner Berechenbarkeit auch ein bisschen langweilig.
Die 2023 ausgestrahlte erste Staffel von "Like a Loser" ist bei sämtlichen Fernsehpreisen leer ausgegangen. Die Serie basiert zwar auf einem französischen Vorbild ("Irresponsable"), aber laut ZDF ist nur die Grundidee übernommen worden: "Folgeninhalte, Plots und Figuren sind komplett neu erfunden." Davon unabhängig waren zumindest die Leistungen des Ensembles preiswürdig. Diyar Ilhan, der Darsteller des Ernst hätte spätestens für die zweite Staffel, die ihn noch stärker ins Zentrum rücken, jeden Nachwuchspreis verdient: Der Junge, mittlerweile 16, verliebt sich unsterblich in eine neue Mitschülerin, hat aber keine Chance bei der coolen Anna (Kayla Shyx).
Das Timing der Regisseure der Serie, Sven Nagel und Aki Wegner, ist in den komischen Szenen nah an der Perfektion. Und die Gratwanderung, die Ben Münchow gelingt, ist erstaunlich: "Der Cringe" hätte als Titel auch gepasst, denn Julian ist die personifizierte Peinlichkeit - erst recht aus der Sicht von Ernst. Natürlich ist es lächerlich, wenn sich ein Mann mit Anfang 30 benimmt wie ein Teenager. Trotzdem gelingt es Münchow, Julian einen Rest an Würde zu bewahren.
Julian ist grundsätzlich nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Als Marie erneut schwanger wird, lässt der junge Vater seinen Sohn zu dessen Verbitterung jedoch links liegen, weil plötzlich nur noch das zunächst ungeborene Baby zählt. Der Erzeuger könnte allerdings auch Guideon sein. Das heizt den Wettkampf der beiden Männer zusätzlich an.
Die Drehbücher von Sandra Schröder sowie Frederik Hunschede und Annekathrin Lang konfrontieren Julian mit immer wieder neuen haarsträubenden, aber nie unrealistischen Situationen: Mal bleibt er ausgerechnet gemeinsam mit Guideon im Fahrstuhl stecken, mal fliegen die beiden Streithähne aus einem Kurs für werdende Väter, mal sucht er verzweifelt nach seinem von der Mutter (Johanna Gastdorf) verschenkten ersten Kuscheltier, weil er darin vor Jahren ein Tütchen Gras versteckt hat, mal darf er die Klasse von Ernst beim Ausflug begleiten, nachdem er zuvor unfreiwillig dafür gesorgt hat, dass die halbe Schulbelegschaft mit Salmonellen darniederliegt.
Denn Julian hat bei Maries Ausstand versehentlich den Kühlschrankstecker gezogen, um sein Telefon aufzuladen. Nach einem Schnitt zeigt die Kamera die Titelseite der Lokalzeitung mit der Schlagzeile über die Vergiftung. Die jeweils 25 Minuten langen Episoden sind kurzweilig und überraschen mit guten Ideen: Bei einer "Modenschau" von Vater und Sohn verpasst die Regie ihnen ein Dutzend Ideen in einer rasanten einminütigen Schnittfolge. Für viel Heiterkeit sorgen auch diverse Gastrollen, etwa Tanja Schleiff als resolute Ausflugsbusfahrerin.
Am witzigsten sind jedoch die Momente, in denen das Drehbuchtrio erst die Vorfreude auf eine erwartbare Pointe schürt und dann noch eine weitere oben drauf setzt. Die Dialoge sind auf den Punkt, die Musikeinspielungen auch sehr passend. Unterm Strich: gelungenes Gute-Laune-Fernsehen.
infobox: "Like a Loser 2", zweite, achtteilige Staffel der Comedy-Serie, Regie: Sven Nagel, Aki Wegner, Buch: Sandra Schröder, Frederik Hunschede, Annekathrin Lang, Kamera: Alex J. Moll, Thomas Schinz, Produktion: ITV (ZDF-Mediathek, seit 7.3.25, ZDFneo, ab 11.3.25 jeweils dienstags, 21.45-22.30 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 10.03.2025 11:02
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Streaming, Kritik, Kritik.(Streaming), KZDF, Comedy-Serie, Nagel, Wegner, Schröder, Hunschede, Lang, Gangloff
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