Bulgarisches Satiremedium "Nowo Natschalo" nach Sperre im Exil - epd medien

19.08.2024 09:12

Der bulgarische Politiker und Ex-Medienunternehmer Deljan Peewski im Juni im Parlament in Sofia

Sofia (epd). Die bulgarische Polizeibehörde "Generaldirektion Kampf gegen das Organisierte Verbrechen" (GDBOP) hat den Zugang zu dem neuen satirischen Medium "Nowo Natschalo" (Neuanfang) gesperrt. Darüber informierte Iwailo Mirtschew, Abgeordneter der konservativen Partei "Demokratisches Bulgarien" (DB), am 14. August.

Auf seinem Facebook-Profil dokumentierte Mirtschew die Antwort des Internetproviders der Seite auf seine Frage nach der Rechtsgrundlage der Sperrung. "Die dazu in unserem Unternehmen eingegangene Information ist vertraulich und kann mit dritten Personen nicht geteilt werden", bedauerte der nicht genannte Webhoster und verwies auf die GDBOP, die dem bulgarischen Innenministerium untersteht. Inzwischen ist "novonachalo.com" auf einen Server im Ausland umgezogen und wieder zugänglich.

Urheber aus dem DB-Umfeld

Die Urheber des Online-Mediums entstammen dem DB-Umfeld, inhaltlich fokussiert es sich auf die Person des früheren Medienunternehmers und Abgeordneten der Partei der bulgarischen Türken "Bewegung für Rechte und Freiheiten" (DPS), Deljan Peewski. Er beherrscht seit Wochen die Schlagzeilen in Bulgarien, weil er sich dem mächtigen DPS-Ehrenvorsitzenden Ahmed Dogan widersetzt und damit seine Partei faktisch gespalten hat. Er bezeichnete dies als "Neuanfang für die DPS".

"Novonachalo.com" tritt nicht als satirische Nachrichtenseite auf, sondern als Parodie der Online-Präsenz einer politischen Gruppierung - in diesem Fall der fiktiven Bewegung "Neuanfang" von Peewski. So sind unter der Rubrik "Equipe" nicht die Namen der Autoren der Website aufgeführt, sondern Persönlichkeiten aus Bulgariens öffentlichem Leben, die dem DPS-Politiker nahestehen sollen. Darunter befinden sich auch prominente Journalisten von Medien, denen unterstellt wird, positiv über Peewski zu berichten.

Keine Aufklärung durch den Innenminister

Der DB-Politiker Mirtschew kritisierte, es gebe "keine Erklärung für die Gründe für diese brutale politische Zensur und den Machtmissbrauch". Die Inhalte des Mediums hätten "keinen Bezug zur nationalen Sicherheit oder zum organisierten Verbrechen".

Der parteilose Innenminister Kalin Stojanow, der selbst Objekt der Ironisierung durch "Nowo Natschalo" wurde, sagte zunächst, er habe "eine umfassende Untersuchung der Gründe" für die Einstellung angeordnet und werde "ziemlich detaillierte Informationen zu dem Fall liefern". Dies tat der Minister auf seiner Pressekonferenz am 16. August allerdings nicht. Stattdessen referierte er darüber, "dass zwischen der Meinungsfreiheit und Websites zur Verbreitung von Falschinformationen und Manipulationen unterschieden werden sollte".

Immer wieder Skandale

Um Deljan Peewski ranken sicher immer wieder Skandale im bulgarischen Politik- und Medienbetrieb. 2013 hatte seine Ernennung zum Chef des Geheimdienstes DANS die größten Massenproteste der jüngeren Geschichte des Balkanlandes ausgelöst. Seit dem Jahr 2021 ist der DPS-Politiker vom US-amerikanischen Finanzministerium wegen des Vorwurfs der Korruption mit Sanktionen belegt.

Da Peewski 2021 seinen Medienverlag Westnik Telegraf an die in Serbien ansässige United Group verkaufte, besitzt er offiziell keine Medien mehr. Einige Publikationen werden ihm dennoch weiter zugerechnet.

fst



Zuerst veröffentlicht 19.08.2024 11:12

Schlagworte: Bulgarien, Peewski, fst, Mirtschew, Nowo Natschalo, DB, DPS, Pressefreiheit

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