Studie: Presse in Bulgarien gerät zunehmend unter Druck - epd medien

28.11.2024 10:46

Sofia (epd). Der Druck auf bulgarische Journalisten und Journalistinnen nimmt einer Studie zufolge zu. 77,2 Prozent der befragten Medienschaffenden gaben an, im Zeitraum 2023/2024 verstärkten Druck auf ihre eigene Arbeit oder die von Kollegen wahrgenommen zu haben, wie die Assoziation Europäischer Journalisten in Bulgarien (AEJ) am 25. November in Sofia mitteilte. Damit sei ein neuer Höchstwert erreicht, der um knapp fünf Prozentpunkte über dem Ergebnis der vorangegangenen Umfrage von 2022 liege.

An der nicht repräsentativen Online-Umfrage beteiligten sich laut AEJ vom 3. Mai bis 17. Juni dieses Jahres 206 Journalistinnen und Journalisten. Knapp vier Fünftel der Befragten nannten Politiker als diejenigen, die am häufigsten versuchten, Druck auf Journalisten und mediale Inhalte auszuüben. Es folgten Geschäftsleute (43,2 Prozent), Vertreter staatlicher oder kommunaler Institutionen (40,8 Prozent), Angehörige des kriminellen Milieus (14,1 Prozent) und Repräsentanten von Nichtregierungsorganisationen (4,9 Prozent).

Quelle für Stress und Depressionen

Die Journalisten berichteten zudem von internem Druck, den Eigentümer und Herausgeber von Medien ausübten, um die Änderung oder Entfernung journalistischer Inhalte zu erwirken oder Untergebene zurechtzuweisen. Dies trage zur Selbstzensur bei und sei eine Quelle für Stress und Depressionen, heißt es in der AEJ-Studie.

Als weitere charakteristische Probleme der bulgarischen Medienlandschaft nannten die Befragten die Verknüpfung wirtschaftlicher und politischer Interessen bei der Führung von Medien (75,2 Prozent), unzureichende Ausbildung und Schulung des Nachwuchses (60,7 Prozent) sowie Konzentration und Intransparenz bei den Eigentumsverhältnissen (50,5 Prozent). Finanziert wurde die Untersuchung unter anderem von der Sofioter Niederlassung der Friedrich Naumann-Stiftung.

Studienautor Ilija Welkow, Redakteur beim Bulgarischen Nationalen Radio (BNR), führt den verstärkten Druck auf die politische Krise in Bulgarien zurück. Ende Oktober 2024 wählten die Bulgaren und Bulgarinnen ihr siebtes Parlament in den vergangenen dreieinhalb Jahren.

Anfang November 2024 wurde ein aufgezeichnetes Telefonat öffentlich, in dem eine Frauenstimme den Journalisten Stanislaw Tsanow zur Löschung eines Youtube-Videos aufforderte, das sich kritisch mit der Tätigkeit einer Richterin auseinandersetzte. Tsanow zufolge ähnelte die Stimme der betroffenen Richterin.

fst



Zuerst veröffentlicht 28.11.2024 11:46 Letzte Änderung: 28.11.2024 11:46

Schlagworte: Medien, Bulgarien, Pressefreiheit, Stier, NEU

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