31.01.2025 09:36
epd Es heißt Gerburch. Wer Gerburk sagt, weiß nichts von der Poesie des Ruhrgebiets oder von Oberhausen als geistiger Lebensform. Wer Gerburch sagt, erinnert sich womöglich auch an anderes. An die Anfänge von Gerburg Jahnkes explizit feministischem Frauen-Kabarett vor mehr als 40 Jahren, die in diesem Geburtstagshommage-Film von der Protagonistin, von Weggefährtinnen und Gratulanten geschildert werden. Es begann mit den "Missfits", dem erfolgreichen Kabarettduo von Gerburg Jahnke und Stephanie Überall, die als Matta und Lisbett von 1987 bis 2005 Themen wie Menstruation, Männer und andere Problemzonen, Wechseljahre und weibliche Lust auf die Bühne und ins TV brachten. Später kam die Fernsehserie "Der Tod ist kein Beinbruch", in der beide zwei Bestatterinnen spielten und schließlich Jahnkes Conferencière-Rolle in "Ladies Night", wo sie anderen Komödiantinnen eine Spielwiese eröffnete.
Wenn Jahnke in dieser WDR-Gabe zu ihrem 70. Geburtstag selbst erzählt, ist "Wenne Mittwoch überlebs, is Donnerstach" interessant, erhellend und unterhaltsam. Etwa, wenn sie sich mit Stephanie Überall auf dem Westfriedhof Oberhausen trifft, einem Lieblingsort. Hier will sie einmal zu liegen kommen, zwischen dem Lärm der A3 und der A42. Dazu der Kanal und "im Morgenrot die Müllverbrennungsanlage, das ist das Ruhrgebiet". Gemeinsam schlendern beide zwischen den Grabsteinen, reden, plötzlich liegt da ein unbekannter Peter, der Name Anlass zur Erinnerung an einen signifikanten Sketch.
Auch wenn in der einstündigen Hommage Jahnkes "Langzeitverlobter" Hajo ihr von der Tribüne im Oberhausener Fußballstadion auf dem Spielfeld zuschaut, oder wenn Theaterimpresario Conny Littmann ihre Inszenierungen für das Hamburger Theater "Tivoli" preist, ist dieses TV-Geschenk halbwegs witzig. Doch über weite Strecken ist der Film erschreckend brav gemacht. Was gar nicht zur Gepriesenen passt. Auch wenn solche Anlassfilme oft wenig kreativ oder frech sind - die ein oder andere kritische, einordnende Note jenseits des eindimensionalen Jubelns hätte dieses Porträt vertragen.
So fragt man sich: Warum sehen sich Überall und Jahnke für diesen Film das erste Mal seit 20 Jahren wieder? Wenn doch die Scheidung, wie Jahnke sagt, so überaus harmonisch verlaufen ist?
Gerburg Jahnke als Göttin, das Bild bleibt. In dieser Rolle zeigt sie der Film auf der Bühne, und das ist auch seine Quintessenz. Das kann man machen, aber warum wird sie zur alleinigen Ahnfrau des Frauenkabaretts erklärt? Was ist mit Maren Kroymann? Was mit den politischen Kabarett-Frauen der 20er Jahre, was mit Evelyn Künneke und anderen?
Es hätte Gerburg Jahnkes Verdienste ums Kabarett nicht geschmälert, ihr Wirken einzubetten. Stattdessen eröffnet der Film mit langatmigen Spielszenen in rosa Bademänteln. Jahnke chillt im Day Spa mit fünf anderen Komikerinnen, darunter Gayle Tufts und Daphne de Luxe, "Gästinnen" aus dem "Ladies Night"-Format. Frau beliebt zu scherzen: über Mocktails, Beckenbodentraining und Intimfrisuren. Gesichtsmasken aus Quark und Gurke werden produziert, dazwischen Lob. Bemüht ist auch der Off-Kommentar (Sprecherin: Tina Teubner), der dazu gedacht scheint, Begriffsstutzigen die Bedeutung von Jahnke fürs feministische Kabarett immer wieder mit dem verbalen Holzhammer einzubläuen. Seltsam auch, wenn Kollegin Lisa Feller und Jahnkes Lieblingsbuchhändlerin Beate Scherzer sie im Zweiergespräch preisen.
Ab und an wird es in diesem braven, konventionell gemachten Geschenk lakonisch-witzig. Etwa, wenn Jahnke über die Anfänge mit Straßentheater und den ersten Auftrag spricht, von der Gleichstellungsstelle in Oberhausen. Beauftragt wurde ein Programm über weibliche und männliche Sprache. Gendern, ein uralter Hut also. Wenn Jahnke und Überall einander auf dem Friedhof Stichworte geben. Wenn in den Archivperlen das Politische im beleuchteten Alltäglichen deutlich wird. Wenn zum Schluss die Jubilarin und ihr Verlobter am Kanal spazieren gehen. Vielleicht mal über Kinder nachdenken? "Welche Kinder?" - "Irgendwelche."
Vielleicht nimmt sich die Redaktion noch einmal des einstündigen Films an und erstellt eine 45 Minuten-Version. Vorschlag: Die Spa-Szenen drastisch kürzen, den Off-Kommentar voller Harmlosigkeiten entfernen. Gerburch Jahnke spricht für sich selbst.
infobox: "Gerburg Jahnke: Wenne Mittwoch überlebs, is Donnerstach", Dokumentation, Regie und Buch: Claus Schmitz, Kamera: Norbert Nienstedt, Felicitas Klopp, Christian Neher (WDR, 18.1.25, 22.45-23.45 Uhr, ARD-Mediathek bis 18.1.27)
Zuerst veröffentlicht 31.01.2025 10:36 Letzte Änderung: 31.01.2025 15:51
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KWDR, Jahnke, Schmitz, Hupertz, NEU
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