Erstaunliche Lebenskraft - epd medien

27.02.2025 10:05

Die 3sat-Dokumentation "Rainald Grebe: Der Tod im Leben. Unheilbar krank zum größten Auftritt" zeigt, wie der Musiker und Kabarettist mit seiner unheilbaren Krankheit umgeht.

Rainald Grebe im Bett auf der Waldbühne Berlin

epd Als Liedermacher und Kabarettist feiert Rainald Grebe große Erfolge. Seit 1989 geht er regelmäßig auf Tour, sowohl als Solist als auch mit verschiedenen Bands. Doch während der Pause eines Konzerts in Düsseldorf erlitt der Musiker 2017 einen Schlaganfall. Eine 3sat-Dokumentation zeichnet nach, wie der populäre Künstler mitten aus seiner Arbeit herausgerissen wurde.

In Bärbel Bieleks Film kommt Grebe ausführlich zu Wort. Der Künstler schildert, wie die Erkenntnis, eine schwerwiegende Krankheit zu haben, allmählich erst in sein Bewusstsein drang. "Schlaganfall?" In seinen Ohren klang das zunächst wie ein Fremdwort. Bei ihm handelte es sich aber nicht um einen gewöhnlichen Schlaganfall. Die Ärzte rätselten lange Zeit, seine Behandlung erwies sich als problematisch. Man verabreichte ihm, so Grebe, "alle Medikamente im Regal". Kleinlaut gaben die Mediziner schließlich zu, "dass sie Versuche machen mit mir". Sarkastisch fügt Grebe hinzu: "Ich wurde als ungeheilt entlassen."

Inzwischen ist klar: Der 53-jährige Liedermacher und Kabarettist leidet an der seltenen Autoimmunerkrankung Vaskulitis, die bei ihm wiederholt zu Schlaganfällen führte. Seit 2017 erlitt er weitere 16 Schlaganfälle.

Große Nähe

Der Film folgt einem dramaturgischen Bogen. Ausgehend vom 26. März 2017, als Grebe den ersten Schlaganfall erlitt, wird dokumentiert, wie der Künstler sich allmählich erholt, um schließlich im Sommer 2023 auf der Waldbühne Berlin vor zahlreichen begeisterten Zuschauern sein Comeback zu feiern. Der Film greift auf eine Fülle dokumentierter Bühnenauftritte zurück, die erahnen lassen, mit welcher Art der Darbietung der Musiker populär wurde.

Dank vieler Szenen hinter der Bühne sowie Gesprächen mit Bandmitgliedern entsteht eine große Nähe zu Rainald Grebe. Just als er sich wieder langsam erholt hatte, starb 2021 völlig unerwartet ein langjähriger Freund und Bandmitglied, der Schlagzeuger Martin Brauer.

Der Film hat emotionale Momente. Das große Charisma des Künstlers, auf dessen Wirkung die Dokumentation sich verlässt, vermittelt sich allerdings nur denjenigen, die Rainald Grebe bereits kennen. Die Dokumentation verzichtet leider auf einen zusammenfassenden Rückblick. Wer bislang nichts von Grebe mitbekommen hat, dem bleibt seine Kunst in diesem Film eher fremd. Zu spüren ist, dass das Live-Publikum mitgeht, doch diese Faszination springt nicht auf den Zuschauer der Dokumentation über.

Ambivalentes Gefühl

Dass dennoch so viel Nähe entsteht, liegt daran, dass Grebe mit seiner Krankheit sehr offen umgeht. Für Menschen, die ein ähnliches Schicksal erleiden, können diese Einblicke in sein Martyrium tröstlich sein. Denn der Künstler strahlt eine erstaunliche Lebenskraft aus. Die zuweilen recht flapsige Art, seine Leidensgeschichte zu kommentieren, erkennt man als Versuch, das Unfassbare irgendwie zu verarbeiten.

Berührend sind Grebes Schilderungen des Krankheitsverlaufs. So kündigen sich seine Schlaganfälle jeweils dadurch an, dass er zunächst die Verfügung über einzelne Worte verliert, eine Aphasie, die sich kontinuierlich zum Blackout steigert. Nachdem er sich davon wieder erholt hat, wird die Aufmerksamkeit gegenüber solchen vermeintlich banalen Fehlleistungen und Ausfällen extrem geschärft. Wenn ihm im Gespräch zufällig ein Wort nicht gleich einfällt, kommt bei ihm sofort Panik auf: Ist das jetzt wieder ein Schlaganfall?

Trotz dieser intimen Einblicke in eine seltene Krankheit hinterlässt die Dokumentation aber auch ein ambivalentes Gefühl. Ähnlich wie bei Christoph Schlingensief, der seine tödlich verlaufende Krebserkrankung auch in künstlerische Aktionen einbezog, gibt es in diesem Film Szenen, denen man mit gemischten Gefühlen zuschaut. Inzwischen ist Grebe leider wieder erkrankt. Sein Gesundheitszustand ist überaus ernst.

infobox: "Rainald Grebe: Der Tod im Leben. Unheilbar krank zum größten Auftritt", Regie und Buch: Bärbel Bielek, Kamera: Lisa Richter, Bärbel Bielek, Produktion: Filmbergwerk (3Sat/ZDF, 22.2.25, 21.15-22.00 Uhr, 3sat-Mediathek bis 14.2.27)



Zuerst veröffentlicht 27.02.2025 11:05

Manfred Riepe

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), K3sat, Dokumentation, Grebe, Bielek, Riepe

zur Startseite von epd medien