Studie: Zuschauer wünschen sich von Nachrichten viele Perspektiven - epd medien

17.06.2024 07:04

Die meisten Internetnutzer in Deutschland erwarten von Nachrichtenmedien eine Vielfalt an Perspektiven. Doch weniger als die Hälfte findet, dass diese Erwartung gut erfüllt wird. Eine aktuelle Studie zeigt weitere Spannungsverhältnisse auf.

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Hamburg (epd). Lediglich 43 Prozent der erwachsenen Internetnutzerinnen und -Nutzer in Deutschland finden, dass Nachrichtenmedien gut darin sind, verschiedene Perspektiven zu aktuellen Themen zu bieten. Zwei Drittel erwarten von Nachrichtenmedien allerdings, eine solche Perspektivenvielfalt aufzuzeigen, wie das Leibniz-Institut für Medienforschung / Hans-Bredow-Institut (HBI) am Montag in Hamburg mitteilte. Die Ergebnisse stammen aus dem "Reuters Institute Digital News Report 2024", für dessen deutsche Teilstudie das HBI verantwortlich ist.

Demnach basiert die internationale Studie auf Antworten von insgesamt fast 100.000 Befragten aus 47 Ländern auf sechs Kontinenten. Pro Land seien etwa 2.000 Personen befragt worden. Die repräsentative Online-Befragung in Deutschland sei im Januar dieses Jahres mit Internetnutzern ab 18 Jahren abgehalten worden.

Nachrichtenvertrauen stabil niedrig

Dabei zeigte sich laut Studie, dass 43 Prozent der Befragten der Ansicht sind, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen: "Das sind genauso viele Befragte wie im Vorjahr, allerdings handelte es sich hierbei um den niedrigsten Wert, seitdem die Frage 2015 erstmals aufgenommen wurde". Das Vertrauen in die Nachrichten, die die Befragten selbst nutzen, sei mit 53 Prozent ebenfalls stabil geblieben.

Außerdem seien die beiden Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erneut die Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten unter den abgefragten Marken, die den Befragten bekannt waren. Dicht dahinter lagen regionale oder lokale Tageszeitungen.

Für die Befragten sei der wichtigste Aspekt in Sachen Vertrauen, die Frage, ob die Medien transparent kommunizieren, wie Nachrichten entstehen: "74 Prozent erachten diesen Aspekt als eher oder sehr wichtig für das Vertrauen", so die Studie. Ebenfalls als wichtig bewertet wurden demnach hohe journalistische Standards (72 Prozent) und eine faire Repräsentation von "Menschen wie mich" (65 Prozent).

Wieder mehr Interesse

Darüber hinaus zeigte die Studie, dass sich der Abwärtstrend im Nachrichteninteresse abbremst. Mit 55 Prozent hätte mehr als die Hälfte der Befragten angegeben, überaus oder sehr an Nachrichten interessiert zu sein, was einer Steigerung von drei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Trotzdem versuchten laut Studie dieses Jahr 14 Prozent der Befragten oftmals aktiv, Nachrichten zu vermeiden, 69 Prozent versuchten dies zumindest gelegentlich. Im Vergleich zum Vorjahr seien beide Anteile um vier Prozentpunkte angestiegen. "Gleichzeitig haben 41 Prozent der Befragten angegeben, dass sie sich von der Menge an heutzutage verfügbaren Nachrichten erschöpft fühlen. 2019, als die Frage zuletzt erhoben wurde, war noch rund jede vierte Person (26 Prozent) dieser Ansicht", so die Studie. In der jüngsten Altersgruppe empfänden 51 Prozent der Befragten eine Erschöpfung aufgrund der Menge an verfügbaren Nachrichten.

Lokalnachrichten hoch im Kurs

Die allgemeine Reichweite von Nachrichten sei trotz allem stabil geblieben: "89 Prozent lesen, hören oder schauen mehr als einmal pro Woche Nachrichten", so die Studie. Darüber hinaus seien mit 42 Prozent der Befragten etwas mehr Personen als im Vorjahr äußerst oder sehr an Politik interessiert gewesen.

Während mehr als die Hälfte (52 Prozent) im Alter ab 55 Jahren ein starkes Politikinteresse aufweise, treffe dies lediglich auf gut ein Drittel (35 Prozent) der 18- bis 24-Jährigen zu, heißt es in der Studie. Im Vergleich verschiedener Nachrichtenthemen interessierten sich anteilig mit 59 Prozent die meisten Menschen für Lokalnachrichten.

Internet nun die wichtigste Quelle

Erstmals in der Studiengeschichte stellte das Internet "mehrheitlich die wichtigste Nachrichtenquelle der erwachsenen Online-Bevölkerung in Deutschland dar". Mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) verwendeten mindestens einmal wöchentlich digitale Nachrichtenangebote auf Webseiten oder Apps von Nachrichtenanbietern oder in sozialen Medien. Zwar bezeichneten 42 Prozent das Internet sogar als Hauptnachrichtenquelle, mit 41 Prozent folgten linear ausgestrahlte Fernsehsendungen aber mit nur geringem Abstand: "Nachrichtensendungen im klassischen linearen Fernsehen sehen 60 Prozent innerhalb einer Woche."

Wiederum 15 Prozent der Befragten erhielten Nachrichten hauptsächlich in sozialen Medien: "Dieser Anteil ist im Langzeitverlauf kontinuierlich angestiegen und mit 35 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen am größten. Für 16 Prozent der 18- bis 24-Jährigen stellen soziale Medien sogar die einzige Quelle für Nachrichten dar", so die Studie. WhatsApp, Youtube und Facebook blieben auch dieses Jahr die sozialen Medien mit der größten Verbreitung unter den erwachsenen Internetnutzern. "Gleichzeitig werden sie anteilig von den meisten Befragten innerhalb einer Woche verwendet, um Nachrichten zu suchen, zu lesen, anzuschauen, zu teilen oder um darüber zu diskutieren."

Bedenken zu Fake News

In der jüngsten Altersgruppe würden Nachrichten vor allem in sozialen Medien konsumiert, die einen Fokus auf Bewegtbild haben: "27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen kommen regelmäßig mit Nachrichteninhalten auf Instagram in Kontakt, gefolgt von Youtube mit 24 Prozent und TikTok mit 13 Prozent", so die Studie weiter.

Jedoch hätten 41 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer von TikTok Schwierigkeiten, dort zwischen vertrauenswürdigen und nicht vertrauenswürdigen Nachrichten zu unterscheiden. In Bezug auf Online-Nachrichten insgesamt äußerten 42 Prozent der erwachsenen Internetnutzer Bedenken, Falschmeldungen von Fakten unterscheiden zu können, was einem Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht.

cph



Zuerst veröffentlicht 17.06.2024 09:04

Schlagworte: Medien, Internet, Reuters News Report, Bredow, HBI, cph

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