Wo Träume auf dem Rasen sprießen - epd medien

11.06.2024 09:07

Die Kika-Doku-Reihe "FC Internat" begleitet vier Teenager, die von der großen Fußballkarriere träumen. Bei der Zielgruppe kommt das gut an.

Leonie spielt für den 1. FFC Turbine Potsdam

epd Sie heißen Ronaldo, Mbappé und Haaland - die Weltstars des Fußballs haben einen festen Platz im Herzen vieler junger Fans. Allerdings geht es dem Kinderkanal (Kika) kurz vor dem Start der Fußball-Europa-Meisterschaft nicht um Heldenverehrung, hier kommen die Stars von morgen zu Wort. Tessa, Robin, Tamiano und Leonie haben von klein auf jede freie Minute auf dem Platz verbracht, um ihren Traum von der Fußballerkarriere wahr werden zu lassen. Die vier Teenager im Alter zwischen 13 und 16 Jahren sind auf einem guten Weg: Alle haben sich einen der begehrten Plätze auf einem Fußball-Internat erarbeitet.

Tessa und Tamiano starten in der Kaderschmiede des 1. FC Carl Zeiss Jena durch, Robin gehört zu den Nachwuchshoffnungen von Hansa Rostock und Leonie kickt beim Frauenfußballverein Turbine Potsdam. Dass alle drei Internate Ost-Clubs gehören, interessiert nicht weiter und ließe sich bemängeln, passt aber zu der Radikalität, mit der die Doku-Reihe die Perspektive ihrer Protagonisten einnimmt. Tessa, Tamiano, Robin und Leonie geht es einzig um ihre Zukunft im Fußball, um den Traum von Bundesliga und Nationalmannschaft.

Leistungsdruck als Ansporn

Mit diesem Traum sind die vier Talente nicht alleine: Rund 746.000 aktive Junioren im Alter bis 14 Jahre zählte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in seiner Statistik für die Saison 2022/2023. Hinzu kommen knapp 97.000 Mädchen bis 16 Jahre. Landauf, landab wird hart trainiert, Familien verbringen ganze Wochenenden auf Fußballplätzen, die ehrgeizigsten verstehen keinen Spaß, wenn es um den sportlichen Erfolg ihrer Sprösslinge beim Spiel mit dem runden Leder geht.

Von diesen Realitäten nimmt die vierteilige Doku "FC Internat" aus der Reihe "Schau in meine Welt" Abstand, die vier Protagonisten sind ihnen längst entrückt. Mit erstaunlicher Reflektiertheit berichtet vor allem Leonie von ihrem Leben im Internat. "Schule ist auch wichtig", sagt sie, denn man brauche einen Plan B, wenn es mit dem Fußball nichts wird. Das klingt pädagogisch, ist aber trotzdem authentisch. Im Bewertungsgespräch mit ihren Trainern erträgt Leonie selbst härteste Beurteilungen. Den Leistungsdruck scheint sie, ebenso wie Tessa, Tamiano und Robin, gut wegzustecken. Er ist ihr Ansporn, nicht Last.

zitat: Profi wird man nicht über Nacht. Am Ende geht es um die Leidenschaft für den Fußball.

Der Leichtfüßigkeit, mit der die jungen Talente durch das Leben im Fußball-Internat dribbeln, traut auch der insgesamt zurückgenommen eingesetzte Off-Kommentar offenbar nicht: "Profi wird man nicht über Nacht. Es gibt auch Rückschläge. Am Ende geht es um die Leidenschaft für den Fußball", heißt es da. So einfach wie es hier aussieht, ist es also leider doch nicht, liebe Kinder!

Die Beschränkung auf die Sicht der vier Teens bietet den kindlichen Zuschauern ein hohes Identifikationspotenzial, ist aber zugleich die große Schwäche dieser Doku. Die Perspektive der Erwachsenen bleibt konsequent ausgeblendet: Trainer, Eltern oder Lehrer kommen nur am Rande vor und werden nicht befragt. Dass der Traum von der großen Fußballkarriere mit Schweiß und Tränen erkämpft werden muss, dass dieser Weg häufig bedeutet, dass alle übrigen Familienmitglieder gnadenlos zurückstecken müssen, um den Alltag am Leistungssport auszurichten, all dies deutet sich kaum an. Daran ändern auch die Interviews mit dem ehemaligen Nationalspieler Nils Petersen und Nationalspielerin Sophie Weidauer über deren eigene Erfahrungen wenig.

Charmante Idee

Unterhaltsam ist die Doku-Reihe für das Zielpublikum allemal, der neunjährige Testzuschauer, selbst aktiver Fußballer, sucht im Kika-Player nach vier Folgen enttäuscht nach einer Fortsetzung. Auch er hätte sich inhaltlich offensichtlich noch etwas mehr erwartet.

Charmant ist die Idee, die Nachwuchskicker in der Rubrik "Fußballschule" Lieblingstricks präsentieren zu lassen. Gut, dass auch der Mädchenfußball seinen Platz hat. "FC Internat" bietet spannende Einblicke in die Welt des hoffnungsvollen Fußballnachwuchses, kommt aber in vier Folgen von jeweils rund 25 Minuten nur in Ansätzen darüber hinaus. Die Reihe hat dennoch ihren verdienten Platz in der Kategorie hochwertiges Kinderfernsehen, denn davon gibt es leider viel zu wenig.

infobox: "FC Internat - Fußball ist unser Leben", vierteilige Dokumentation, Regie und Buch: Wiebke Werner, Maxi Garden, Floris Asche, Kamera: Tobias Schütze, Matthias Bollwerk, Smina Bluth, Produktion: We Are Era (Kika/HR, seit 23.5.24, jeweils donnerstags, 20.10-20.35 Uhr, und seit 23.5.24 in der ARD-Mediathek sowie im Kika-Player)



Zuerst veröffentlicht 11.06.2024 11:07 Letzte Änderung: 11.06.2024 12:15

Ellen Nebel

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KKika, Dokumentation, Sport, Fußball, Kinder, Werner, Garden, Asche, nbl, NEU

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