Gute und Böse - epd medien

21.02.2025 11:15

Im ZDF-Film "Flucht aus Lissabon" ist "Bergdoktor" Hans Sigl in einer neuen Rolle zu sehen: Er spielt einen ehemaligen Fluchthelfer, der eine Zeugin unterstützen soll, die gegen ihren ehemaligen Chef aussagen will.

Fluchthelfer Tom Fährmann nutzt in "Flucht aus Lissabon" häufig Telefonzellen

epd Gibt es für diese Art Film eigentlich eine eigene Genre-Bezeichnung? Ein Fernsehthriller, in dem ein alter weißer Mann (aber noch ganz knackig) mit bewegter Vergangenheit und in der Regel mindestens einem Trauma im Ausland mehr oder weniger undercover polizeiliche oder geheimdienstliche Probleme löst. Und zwar mit möglichst viel Krawumm. Im Hintergrund spielt oft die Politik von Ländern Afrikas oder Westasiens eine Rolle. Wobei sich der zur Schau getragene politisch-philosophische Tiefgang ("Das ist das Prinzip der Kausalität") meist durch große Oberflächlichkeit auszeichnet.

Besetzt wird der "alte weiße Mann" in solchen Filmen sehr gern mit einem verdienten Publikumsliebling. Etwa Heiner Lauterbach, der ist aber inzwischen ein bisschen alt für Action-Rollen. Deswegen durfte hier der 16 Jahre jüngere "Bergdoktor"-Darsteller Hans Sigl ran. Und schon geht’s los mit "Krach Boom Bang".

Ein Maulwurf

Diese Art der Fernsehunterhaltung wirkt höchst traditionell. Was man ja mögen kann. Die quälende Komplexität der Wirklichkeit wird reduziert: Es gibt die Guten und die Bösen. Wobei die Bösen natürlich gern so tun, als wären sie auch gut. Wer guckt so etwas? Männer? Womöglich "alte weiße", die sich mit dem gebrochenen und nicht mehr ganz jungen Helden gut identifizieren können?

Was also hat der Held diesmal zu tun? Im Mittelpunkt steht Sophia Moreno, deren Sohn Noa entführt wurde. Die soll der ehemalige Fluchthelfer Tom Fährmann beschützen. Wie in unzähligen anderen Erzählungen unseres Kulturkreises muss mal wieder der Mann zur Rettung der Frau ran. Dabei sind die Frauen heutzutage nur noch selten kleine Dummchen. Hier ist die Mutter (Hana Sofia Lopes) eine Programmiererin, die üblen Machenschaften ihres Chefs auf die Spur gekommen ist, als Kronzeugin von BKA und Europol aber nicht wirklich beschützt wird. Dahinter steckt nicht nur ihr böser Arbeitgeber, der mit heimlicher Wahlbeeinflussung in Afrika Geld verdienen will, sondern auch eine "böse Hexe": Marion Kracht mimt überzeugend eine hochrangige BKA-Beamtin, die sich im Lauf des Films als Maulwurf entpuppt.

Überall Telefonzellen

Der Film möchte so modern sein! Software! Desinformation! Deep Fakes! Wahlbeeinflussung in fernen Ländern! Angesichts des ostentativen Versuchs, sich zeitgemäß zu geben, wirkt es ausgesprochen komisch, dass hier ausgerechnet Telefonzellen handlungstreibendes Element sind. Telefonzellen? Ja, die gibt es noch. In diesem ZDF-Thriller werden sie bemerkenswert intensiv genutzt und stehen überall: in London, am Meer, auf dem Krankenhausflur.

Wer dem Film nicht so viel abgewinnen konnte, durfte neben ein paar spannenden Szenen und den überragenden Programmierkünsten der Mutter, der am Ende Unwahrscheinliches gelingt, immerhin die Kulisse von Lissabon bestaunen. Die "Lisboa Film Commission", die den Film gefördert hat, kann zufrieden sein.

infobox: "Flucht aus Lissabon", Fernsehfilm, Regie: Steffi Doehlemann, Buch: Hans-Hinrich Koch, Kamera: Oliver-Maximilian Kraus, Produktion: Fiction Magnet, NDF Berlin (ZDF-Mediathek/Servus TV ab 21.2.25, ZDF, 17.3.25, 20.15-21.45 Uhr, )



Zuerst veröffentlicht 21.02.2025 12:15

Andrea Kaiser

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Fernsehfilm, Doehlemann, Koch, Kaiser

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