WDR verteidigt Umfrage zu Hautfarbe von Nationalspielern - epd medien

03.06.2024 12:53

Eine WDR-Umfrage fördert rassistische Ansichten zutage: Offenbar wünscht sich mehr als ein Fünftel der Befragten mehr Fußballer in der Nationalelf mit weißer Hautfarbe. Dieses Ergebnis und die Umfrage selbst lösten kritische Reaktionen aus, der WDR verteidigte sich.

Köln (epd). Laut einer Umfrage der WDR-Sendung "Sport Inside" für eine TV-Dokumentation zur Fußball-EM wünscht sich jeder fünfte Befragte mehr Spieler mit weißer Hautfarbe in der deutschen Nationalmannschaft. 21 Prozent der Befragten gaben an, dass sie es besser fänden, wenn wieder mehr Spieler mit weißer Hautfarbe im Team seien, wie der WDR am 1. Juni mitteilte. Bundestrainer Julian Nagelsmann äußerte scharfe Kritik an der Umfrage, auch in Sozialen Medien gab es Unmut. Der Sender verwies auf die "gesellschaftliche Lage" in Deutschland.

Nagelsmann erklärte laut Medienberichten am 2. Juni in einer Pressekonferenz vor dem Testspiel gegen die Ukraine am 3. Juni: "Allein die Fragestellung finde ich einen Wahnsinn, dass wir im Öffentlich-Rechtlichen so eine Frage stellen. Ich war schockiert." Der Bundestrainer betonte, es werde "eine EM für jeden im Land" gespielt: "Ich hoffe, nie wieder etwas von solchen Scheiß-Umfragen lesen zu müssen."

WDR-Sportchef: Bestürzt über die Ergebnisse

Der WDR hatte bereits am Nachmittag des 1. Juni mit einer Stellungnahme von Sportchef Karl Valks reagiert. Die Umfrage "Einstellungen zur Fußball-Nationalmannschaft" sei im Zuge der Doku "Einigkeit und Recht und Vielfalt" entstanden, erklärte Valks. Reporter Philipp Awounou sei in Interviews bei den Dreharbeiten mit der Aussage konfrontiert worden, dass zu wenige "echte", hellhäutige Deutsche auf dem Fußballplatz stehen. "Das wollten wir bewusst nicht anekdotisch wiedergeben, sondern auf fundierte Daten stützen", so Valks.

Daher sei die Umfrage in Auftrag gegeben worden. "Wir selber sind bestürzt, dass die Ergebnisse sind, wie sie sind, aber sie sind auch Ausdruck der gesellschaftlichen Lage im heutigen Deutschland", erklärte Valks. Sport spiele in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, "die Nationalmannschaft ist ein starkes Vorbild für Integration".

Mehrheit stimmt kritisierter Aussage nicht zu

Die Mehrheit der Befragten (65 Prozent) habe der in der Umfrage abgefragten Aussage "Ich fände es besser, wenn wieder mehr weiße Spieler in der deutschen Nationalmannschaft spielen" eher nicht oder überhaupt nicht zugestimmt, erklärte der WDR. Zwei Drittel der Befragten äußerten sich in der Umfrage positiv über die Zusammensetzung der Nationalmannschaft, wie es hieß. Demnach finden es 66 Prozent gut, dass in der deutschen Mannschaft mittlerweile viele Fußballer spielen, die einen Migrationshintergrund haben.

17 Prozent der Befragten finden es schade, dass der derzeitige Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft türkische Wurzeln hat. 67 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu. Ilkay Gündogan, Sohn türkischer Einwanderer, ist seit Sommer 2023 Kapitän der DFB-Elf.

"Sport Inside" hatte für den Film, der am 5. Juni im Ersten ausgestrahlt wird und bereits in der ARD Mediathek zu sehen ist, eine repräsentative Umfrage bei Infratest dimap in Auftrag gegeben. Befragt wurden nach WDR-Angaben 1.304 Wahlberechtigte in der Zeit vom 2. bis zum 3. April.

Unterschiede zwischen politischen Lagern

Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen Anhängern verschiedener politischer Parteien, hieß es. Unter Anhängern der AfD wünscht sich demnach knapp jeder Zweite (47 Prozent) eine "weißere" Nationalmannschaft, unter Anhängern des Bündnis Sahra Wagenknecht sind es 38 Prozent. Die Zustimmungswerte von Anhängern von Union (18 Prozent), SPD (14 Prozent) und Grünen (fünf Prozent) fallen geringer aus.

Der Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thorsten Latzel, nannte die Diskussion über Herkunft oder Hautfarbe von Nationalspielern "erschreckend". "In der Nationalmannschaft darf es allein um fußballerische Fähigkeiten gehen, um nichts sonst", sagte der rheinische Präses am 3. Juni dem epd. "Und es sollte ein Markenzeichen für unser Land sein, dass das kein Thema ist."

Am 14. Juni beginnt in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft der Männer, bei der 24 Nationen um den EM-Titel spielen. Für die Dokumentation "Einigkeit und Recht und Vielfalt" geht Autor Philipp Awounou der Frage nach, wie sich der Migrationsanteil in der deutschen Nationalmannschaft in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat.

lwd/rid



Zuerst veröffentlicht 03.06.2024 09:51 Letzte Änderung: 03.06.2024 14:53

Schlagworte: Medien, Umfragen, Fußball, WDR, Valks, EM, Awounou, lwd, NEU

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