Journalistenverbände kritisieren AfD-Absage an Journalisten - epd medien

01.09.2024 15:57

Um die Teilnahme von Medienvertretern an der Wahlparty der AfD Thüringen gab es einen Rechtsstreit. Wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale erhielten dafür angemeldete Journalisten eine Ausladung. Für den Deutschen Journalisten-Verband ein "unerhörter" Vorgang.

Der Thüringer Landtag in Erfurt

Berlin/Frankfurt a.M. (epd). Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat empört auf eine Absage der AfD Thüringen an alle Medien reagiert, die von deren Wahlparty nach der Landtagswahl am Sonntag berichten wollten. DJV-Sprecher Hendrik Zörner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag in Berlin, die laut Medienberichten am Samstag ausgesprochene Absage an alle Journalistinnen und Journalisten sei "politisch unerhört". Er kenne keinen vergleichbaren Vorgang.

"Reporter ohne Grenzen" äußerte sich auf epd-Anfrage ebenfalls kritisch und erklärte, die Ausladung sei "ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit". Von der Absage gehe "eine klare Botschaft aus: Medienschaffende, die kritisch berichten könnten, sind nicht erwünscht", betonte die Geschäftsführerin der Organisation, Anja Osterhaus. Die AfD wolle "die Kontrolle über die Berichterstattung behalten". Die Öffentlichkeit habe jedoch das Recht auf neutrale Information darüber, was auf einer Wahlparty geschehe. "Daher sollte allen Medien uneingeschränkt Zugang gewährt werden", sagte Osterhaus.

DJV-Sprecher Zörner betonte, die AfD habe schon länger ein "gestörtes Verhältnis" zur Presse. "Das gipfelt jetzt im Verhalten der Höcke-Truppe", sagte er mit Blick auf den thüringischen AfD-Spitzenkandidaten, Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Juristisch sei gegen den kompletten Ausschluss aller Medienschaffenden von der Wahlparty aber wohl nichts auszurichten. Die AfD Thüringen reagierte bis Sonntagabend nicht auf eine Anfrage des epd zur Absage an die Medien.

AfD verweist auf drohende Überfüllung

Die Partei begründete ihre Entscheidung mit der drohenden Überfüllung des Lokals, in dem die Wahlparty stattfinden sollte. Diese würde "zwingend zu einem Abbruch/Absage" führen, hieß es in einer Mail an die bereits akkreditierten Medienvertreter, die dem epd vorliegt. Laut einem ARD-Bericht sollten Journalisten am Sonntagabend Partei- und Fraktionsvertreter der AfD stattdessen im Thüringer Landtag interviewen können.

Um die Teilnahme von Journalistinnen und Journalisten an der AfD-Wahlparty in Thüringen hatte es eine gerichtliche Auseinandersetzung gegeben. Das Landgericht Erfurt hatte bereits vor zehn Tagen entschieden, es sei nicht zulässig, nur ausgewählten Medienvertretern Zutritt zu gewähren.

Diese Entscheidung bestätigte das Gericht am Samstag nach einem Widerspruch der AfD, wie die "Welt berichtete. Geklagt hatten das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sowie die "tageszeitung", "Bild" und "Welt", die bei der Anmeldung zur Berichterstattung von der Wahlparty nicht berücksichtigt worden waren.

LPK-Vorsitzender: "Schon bemerkenswert"

Ein MDR-Sprecher sagte dem epd am Sonntag, dass der Sender nicht von der AfD-Wahlparty berichten dürfe, werde "in geeigneter Weise" in den Wahlsendungen thematisiert. Der Vorsitzende der Landespressekonferenz Thüringen, Sebastian Haak, sagte dem epd, es sei "schon bemerkenswert", dass sich die AfD für imstande halte, Thüringen zu regieren, "aber bei der Wahl des Veranstaltungsortes ihrer Wahlparty nicht vorausgesehen haben will, dass dieser deutlich zu klein sein dürfte für ihre Gäste und die völlig erwartbar große Zahl von Journalisten".

Umfragen vor der Wahl in Thüringen sahen die AfD dort als stärkste Kraft. Die AfD insgesamt wird aktuell vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt. Einzelne Landesverbände der Partei, darunter die in Thüringen und Sachsen, werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Höcke gilt als zentrale Figur des rechtsextremen Spektrums der Partei.

sro



Zuerst veröffentlicht 01.09.2024 17:57 Letzte Änderung: 03.09.2024 13:04

Schlagworte: Medien, Wahlen, Parteien, AfD, Thüringen, DJV, Zörner, sro, NEU

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