11.09.2024 09:21
Hamburg (epd). Der Vorstandsvorsitzende des Medienverbandes der freien Presse (MVFP), Philipp Welte, kritisiert die deutsche Politik für ihren Umgang mit unabhängigem Verlagsjournalismus. Sie interessiere sich "kein bisschen dafür", wie die Zukunft der freien Presse in Deutschland aussehe, sagte Welte dem "Hamburger Abendblatt" (Mittwoch). Sein Gefühl sei, dass die Politik "nicht annähernd versteht, welche Relevanz der unabhängige, verantwortliche Journalismus der Verlage für die Stabilität unserer Demokratie und den Pluralismus einer offenen Gesellschaft hat".
Politiker hätten etwa zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes begeistert über die Presse- und Meinungsfreiheit gesprochen, "um kurz danach die lange versprochene Förderung der unabhängigen periodischen Presse in Deutschland heimlich, still und leise zu kassieren", kritisierte Welte.
Zumindest in dieser Legislaturperiode können Verleger nicht mehr mit einer staatlichen Förderung für die Zustellung gedruckter Zeitungen und Magazine rechnen. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP versprochen, Fördermöglichkeiten zu prüfen, um eine "flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen" zu gewährleisten. Verlegerverbände pochen seit Jahren immer wieder auf eine staatliche Hilfe.
Welte sagte, dass die deutsche Verlagslandschaft heute zwischen zwei Blöcken zerrieben werde: den US-amerikanischen und chinesischen Technologiegiganten auf der einen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf der anderen Seite. Letzterer drücke "mit seiner gigantischen ökonomischen Macht und presseidentischen Produkten in alle digitalen Kanäle" und nehme "den privaten Unternehmen dort die Luft zum Atmen". Politik und konkret die Länder müssten darüber diskutieren, was genau der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien ist. Die Bundesländer arbeiten derzeit an einem Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ende Oktober soll die Reform beschlossen werden.
Zudem sei es "für Politiker deutlich weniger anstrengend, ihre Botschaften über soziale Medien zu verbreiten, als sich mit Journalisten auseinanderzusetzen, die unbequeme Nachfragen stellen und nachhaken." Tiktok frage nicht nach, das sei "eine lupenreine Manipulationsmaschine". Solche Medien würden nie die Wirklichkeit in Politik und Medien wiedergeben. "Genau das zu tun ist Aufgabe der freien Presse, und die ist ausgerechnet jetzt in einer kritischen Phase unserer Demokratie so bedroht wie nie", befand Welte. Das chinesische Unternehmen Bytedance, das Tiktok betreibt, steht inzwischen auf Platz vier im Ranking der größten Medienkonzerne der Welt.
lnh
Zuerst veröffentlicht 11.09.2024 11:21 Letzte Änderung: 11.09.2024 12:13
Schlagworte: Medien, Presse, Verbände, NEU
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