01.10.2024 09:00
epd Er mache es auch ein bisschen, um sich selbst zu unterhalten, ließ Stefan Raab Mitte September wissen, als er seine neue Show "Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab" (DGHNDMBSR) der Öffentlichkeit vorstellte. Tatsächlich macht diese "erste Entertainment-Quiz-Competition-Hybrid-Show der Welt" mit einer sonderbaren Mischung aus Showelementen unübersehbar vor allem einem Spaß: dem Moderator, der sich seit seinem "Raabschied" fast neun Jahre lang nicht mehr im Fernsehen blicken ließ. Mit DGHNDMBSR ist er nun wöchentlich bei RTL+ zu sehen.
Was Raab als "Hybrid-Show" bezeichnet, ist eine hochgradig zwiespältige Sendung, die zwei unterschiedliche Showkonzepte unter einen Hut bringt, ohne sie allerdings wirklich zu verzahnen. DGHNDMBSR beginnt mit einem Stand-up, wie Raab ihn einst bei "TV Total" regelmäßig zum Besten gab. Er präsentiert aktuelle Schlagzeilen, kuriose Fernsehausschnitte und Internetfunde, kommentiert sie mit Gags, mit aus dem Kontext gerissenen Clips oder mit musikalischen Darbietungen.
Doch viele Pointen zünden nicht. Manche lassen Raab gar wie eine Parodie seiner selbst wirken, etwa wenn es um Peter Maffay oder um schwule Schafe geht. Amüsanter hingegen sind seine Spitzen gegen seinen neuen Auftraggeber RTL, als dessen Chef er sich nun inszeniert, oder auch Einspieler, die Raab zum Beispiel - inzwischen sehr ungewohnt - auf einer öffentlichen Bank in Köln sitzend dabei zeigen, wie er herrlichen Unfug mit Passanten treibt. Dass Raab in der zweiten Sendung über 50 Minuten lang mit einem falschen Gebiss im Mund moderiert, obwohl man ihn dadurch schwerer versteht, zeigt, wie sehr er die neu gewonnene Narrenfreiheit zu genießen weiß.
Etwa zur Mitte der knapp 90-minütigen Ausgaben wandelt sich DGHNDMBSR plötzlich zur Quiz- und Gameshow: Raab begrüßt fünf Kandidaten im Studio, die sich mit der Beantwortung einer offenen Quizfrage zu den Gags und Clips der ersten Showhälfte für das Spiel um bis zu eine Million Euro qualifizieren können. In diesem Spiel gilt es, Gewinnstufe für Gewinnstufe erst zwei Quizfragen zu beantworten und dann ein Aktionsspiel gegen Raab zu gewinnen.
Raab nimmt hierbei also zwei Rollen ein: Er ist sowohl quälender Quizmaster - das war er bereits bei "Schlag den Star" oder "TV total Quizboxen" - als auch ehrgeiziger Kontrahent, wie man ihn aus "Schlag den Raab" kennt. Als Quizmaster bemüht sich Raab, Interesse an seinen Kandidaten zu zeigen ("Was bist du für ne Steuerklasse?"), kommt dabei aber meist nicht ohne etwas Häme aus. Die anfangs ziemlich banalen Multiple-Choice-Quizfragen ziehen sich wie Kaugummi, wenn ein Kandidat denkt, sein Unwissen durch ewig langes Abwägen wettmachen zu können. Dem Moderator gelingt es mit spontanen Gesangseinlagen zwar manchmal, diese Längen zu überbrücken, doch für den Zuschauer wird das Quiz mit seinen bislang erschreckend schwachen Teilnehmern zu oft zum Geduldspiel.
Die Aktionsspiele, bei denen Raab und sein Kandidat mit Sportlichkeit oder Geschicklichkeit punkten müssen, sorgen zwischen den langen Quizrunden für bitter nötige Abwechslung. Hier hat Raab die Chance, seinen Kandidaten in einem Duell etwa beim Reifenwechseln zu besiegen. Sein langjähriger Showpraktikant Elton führt in den ersten Sendungen durch die Aktionsspiele, während Sportkommentator Corni Küpper kommentiert. Beiden gelingen ihre Aufgaben souverän.
Der Spielmodus der Show führt dazu, dass sich die Kandidaten keinen Patzer erlauben dürfen, Raab hingegen nur einmal zu gewinnen braucht, um seinen Kontrahenten gänzlich zu besiegen. Dieses Ungleichgewicht hat mit dem Modus des Erfolgsformats "Schlag den Raab" nicht mehr viel zu tun, erscheint aber als Teil einer "Hybrid-Show" akzeptabel, da ein ernsthaft kompetitives Format zwischen Raab und seinen Kandidaten in wöchentlicher Ausstrahlung ohnehin schnell an Reiz verlieren dürfte.
Allzu weit kamen die ersten Kandidaten auf der Gewinnleiter jedenfalls nicht, was zu verschmerzen ist, da Raab das Ausscheiden seiner Kandidaten mit einem eigenen kleinen Lied zelebriert. Das erinnert ein wenig an den "Walk of Shame" ausgeschiedener Kandidaten in der ProSieben-Show "Wer stiehlt mir die Show?" und ist ein weiteres liebevolles Detail in der musikalischen Umsetzung seiner auch visuell gelungen gestalteten neuen Show. Es ist ohnehin ein Geschenk, dass die Heavytones - einst Raabs Showband bei "TV total" - nun wieder mit dem Moderator vereint sind, um mit ihm endlich wieder musikalisch herumzualbern anstatt als hörbare Dekoration bei Sebastian Pufpaff zu verstauben.
"Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab" ist also gleichzeitig eine ungewöhnliche wie auch eine geläufige Raab-Show: Ihr zweiteiliger Aufbau mutet sonderbar an, ihre Inhalte und deren Darbietung sind hingegen wohlbekannt. Dass sich Raabs Bespaßungsstil in gut neun Jahren Fernsehabstinenz kaum verändert hat und er seine bekannten, mal mehr, mal weniger beachtlichen Facetten und Talente in seiner wöchentlichen Show recht ausgiebig und frei zur Geltung bringt, dürfte viele Fans seiner "TV Total"-Ära freuen.
Stefan Raab bringt eine riesige Freude an der Musik, eine Leichtigkeit beim Unterhalten und einen Ehrgeiz im Wettbewerb zurück, die dem Fernsehen lange gefehlt haben. Selten gelingt es TV-Entertainern heute, einen derartigen Spaß an der eigenen Show zu versprühen. Sich selbst unterhält Raab also vorzüglich, doch allein mit dieser Freude wird er auf Dauer nicht über plumpe und vergeigte Gags sowie über Längen in beiden Teilen der Show hinwegtrösten können. Es wird Zeit, nicht nur sich selbst, sondern auch das Publikum zu unterhalten.
infobox: "Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab", Show mit Stefan Raab, Regie: Frank Lieberich, Produktion: Raab Entertainment (RTL+, seit 18.9.24, neue Folgen immer mittwochs ab 20.10 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 01.10.2024 11:00
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), Raab, Respondek
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