Acht Grimme Online Awards für Qualitätsjournalismus im Netz verliehen - epd medien

16.10.2024 19:27

Der Podcast "Systemeinstellungen" hat einen Grimme Online Award gewonnen

Marl (epd). Acht journalistische Online-Angebote sind am Mittwochabend in Marl für besondere publizistische Qualität mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet worden. In der Kategorie "Information" ging ein Preis an die Recherche "Europäische Waffen, amerikanische Opfer" vom "Tagesspiegel" in Zusammenarbeit mit dem "ZDF Magazin Royale". In acht Kapiteln widmet sich das medienübergreifende Team dem US-Waffenkult und seinen europäischen Profiteuren.

Eine weitere Auszeichnung in dieser Kategorie bekam das Portal "netzpolitik.org" für "Systemeinstellungen". In dem siebenteiligen Doku-Podcast geht es um Menschen, die unvermittelt ins Visier des Staates geraten und etwa von Durchsuchungen ihrer Wohnungen, Smartphones und Computer betroffen sind - darunter auch der Fall einer evangelischen Pfarrerin.

Wenzel: "Digitale Momentaufnahme der Welt"

"Der Grimme Online Award bleibt, was er immer war: eine digitale Momentaufnahme der Welt, in der wir leben", sagte der Interimsgeschäftsführer des Grimme-Instituts, Peter Wenzel, bei der Preisverleihung. "Und Jahr um Jahr können wir uns darauf verlassen, dass seine Jury genau die Angebote auswählt, die unseren Blick auf das lenken, was relevant, berührend und kritisch ist und am Ende auch unserer Demokratie dienlich, die immer digitaler wird."

Mit dem undotierten Preis ehrt das Grimme-Institut seit 2001 Webseiten, Apps, Podcasts, Social-Media-Angebote oder andere online veröffentlichte qualitativ hochwertige Beiträge mit publizistischem Charakter. Aus fast tausend Einreichungen hatte eine Nominierungskommission 27 Angebote für die Auszeichnung vorgeschlagen. Eine Jury entschied über die Preisträger.

Auszeichnungen für Projekte zur NS-Zeit

In der Kategorie "Wissen und Bildung" wurden insgesamt drei Auszeichnungen vergeben. Eine ging an den Bildatlas "#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen" des gleichnamigen Verbundprojekts unter Leitung der Freien Universität Berlin. Über eine zoombare Karte sind 420 Fotografien der Deportationen von Menschen aus dem Deutschen Reich von 1938 bis 1945 verfügbar. Für die interaktive Ausstellung werden weiter Bilder gesammelt, die wissenschaftlich erschlossen und veröffentlicht werden.

Um die NS-Zeit geht es auch in dem ausgezeichneten TikTok-Kanal "keine.erinnerungskultur" von Susanne Siegert. Sie klärt über die Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg auf und führt dafür auch Gespräche, etwa mit der jüdischen Holocaust-Überlebenden Renate Aris aus Chemnitz.

Hobbygärtner mit Instagram-Kanal erfolgreich

Der Hobbygärtner Robin König erhielt wiederum für seinen Instagram-Kanal "Robinga Schnögelrögel" einen Preis. Dort informiert er unter anderem über Artenvielfalt und Biodiversität.

Thilo von Debschitz, Ruth Bloch und Simone Bloch wurden in der Kategorie Kultur und Unterhaltung mit einem Grimme Online Award für das Online-Archiv Curt Bloch und "Het Onderwater-Cabaret" ausgezeichnet. Der untergetauchte Jude Curt Bloch hatte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 96 Ausgaben seines satirischen Magazins "Het Onderwater-Cabaret" ("Das Unterwasser-Kabarett") veröffentlicht. In dem prämierten Archiv sind 492 Gedichte verfügbar sowie Bilder, Beschreibungen, Audios, Hintergrundinformationen und Materialien aus Blochs Nachlass.

"Library of Lost Books" bietet Animationen und Audios

Ein weiterer Preis der Kategorie "Kultur und Unterhaltung" ging an die "Library of Lost Books" der Leo-Baeck-Institute Jerusalem und London sowie der Freunde und Förderer des Instituts. Die Multimedia-Website präsentiert in drei Kapiteln mit Animationen und Audios die Geschichte der Bibliothek der ehemaligen Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums: vom Raub der Bücher durch die Nationalsozialisten bis zur Zerstreuung der Überreste in der Nachkriegszeit.

In der Kategorie Spezial wurden "netzpolitik.org" und der Bayerische Rundfunk (BR) für die Databroker-Files-Recherche gewürdigt. Die Journalistinnen und Journalisten zeigen, welche Folgen der Datenhandel der Online-Werbeindustrie für den Datenschutz von Bürgerinnen und Bürgern hat, wie es hieß.

Sonderpreis für BR-Podcast

Der Publikumspreis ging an den Kanal @tahdur auf TikTok. Der Betreiber Tahsim Durgun reflektiere darin etwa über die prekären Konsequenzen der AfD-Politik oder den Alltagsrassismus, teilte das Grimme-Institut mit. Dabei zeige sich seine "große Zuneigung zu den Menschen, die ihn umgeben".

Zum ersten Mal wurde in diesem Jahr auch ein Sonderpreis "Künstliche Intelligenz" verliehen, übergeben durch den nordrhein-westfälischen Medienminister Nathanael Liminski (CDU). Er ging an den Podcast "In 5 Tagen Mord - Die Krimi-Challenge mit KI" von BR2, in dem die Hosts Janina Rock und Christian Schiffer auch Grenzen und ethische Fragen von KI behandeln.

Der Grimme Online Award wird jährlich verliehen. Das Grimme-Institut war jedoch aufgrund eines Finanzlochs im aktuellen Haushalt vorübergehend in finanzielle Schieflage geraten. Der Online Award sollte deshalb zunächst für dieses Jahr gestrichen werden. "Allein hätten wir das nicht geschafft, und so danke ich allen, die Grimme die Hand gereicht haben", sagte Interimsgeschäftsführer Wenzel. Dazu zählten unter anderem NRW-Medienminister Liminski, der Landrat des Kreises Recklinghausen, Bodo Klimpel (CDU), sowie die anderen Grimme-Gesellschafter.

Größter Gesellschafter des Instituts ist mit 40 Prozent der Deutsche Volkshochschul-Verband. Jeweils zehn Prozent halten das Land NRW, die Film- und Medienstiftung NRW, die Landesanstalt für Medien NRW, die Stadt Marl, der WDR und das ZDF.

lwd/rid



Zuerst veröffentlicht 16.10.2024 21:27 Letzte Änderung: 17.10.2024 11:19

Schlagworte: Medien, Auszeichnungen, Preise, Grimme, Grimme Online Award, Internet, lwd, NEU

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