23.08.2024 07:55
epd Gerade im komischen Fach ist es wohl nicht egal, wer für wen schreibt. Während Ralf Husmann als Autor für Christoph Maria Herbst - alias Stromberg - schon oft geglänzt hat, ist seine Komödie "Alles gelogen" mit Bastian Pastewka, die seit Anfang Juli in der ZDF-Mediathek steht, eher "ganz nett" geworden. Pastewka kann bekanntlich mehr. Husmann auch.
Was Pastewka angeht, kann man das gerade bei Amazon Prime in "Perfekt verpasst" sehen (vgl. Kritik in 16/24). Und was Husmann betrifft, sieht man das an der von ihm geschriebenen neuen Folge von "Merz gegen Merz" mit Herbst und Annette Frier. Früher eine Serie, gibt es nun den zweiten Fernsehfilm über die geschiedenen Eheleute Merz und ihre Mischpoke. Die Familienkomödie unterhält nicht nur und bringt einen zum Lachen, sie macht auch nachdenklich und traurig. Um ein großes Wort zu wagen: Sie erzählt bei aller Komik und Überspitzung mit Wahrhaftigkeit von echten Problemen und menschlichem Leid. Und vom Weitermachen, weil das Leben ja doch schön ist.
Bei "Merz gegen Merz" hat man ein tolles Figuren- und Schauspieler-Ensemble zusammen. Die mittlere Generation, Erik und Anne Merz (Herbst und Frier), sind geschiedene Eltern eines erwachsenen Sohnes, aber auch getrennt gilt es immer wieder, familiäre Aufgaben gemeinsam zu bewältigen. Wenn Anne Merz verzweifelt ist und mal vernünftig mit jemandem sprechen will, ruft sie bei ihrem Ex an. Nur um festzustellen, dass der immer noch ein genauso hilfloser Stiesel ist wie eh und je.
Während die Scheidung für Anne also wohl doch der nötige Ausweg war, auch wenn ihr neuer Freund Jonas (Nikolaus Benda) auch nicht ganz das Gelbe vom Ei ist, hat Erik keine neue Beziehung und hätte Anne gern zurück. Als Erik darf Herbst ordentlich strombergeln (oder darf man sagen: herbsteln?) - und das macht Spaß.
Dann ist da die Großelterngeneration: Günther und Renate (Bernd Stegemann und Carmen-Maja Antoni), Eriks Eltern. Die beiden Originale und herzigen Prols mischen sich gern ein. Annes Mutter Maria (Claudia Rieschel)ist hingegen eine bessere Dame, von der sich Anne als Kind vernachlässigt fühlte - und die sie heute zuverlässig zum Wahnsinn treibt. Völlig egal, was sie tut. Annes Vater (großartig: Michael Wittenborn) ist wiederum dement und im Heim. Alles, was an Komik in dieser Lebenslage steckt, holen Husmann und Wittenborn hier raus. Wobei es nie geschmacklos wird, da man nichts banalisiert. Im Gegenteil.
Kann einem etwas emotional Schlimmeres passieren als Maria, als sie zusammen mit ihrer Tochter bei einem Termin zum Thema Erbe beim Anwalt erfährt, dass ihr Mann eine nicht-eheliche verheimlichte zweite Tochter hat, die erwachsen ist und ebenfalls Anne heißt? Nicht, nur dass ihr Mann in einem geistig so bedauernswerten Zustand ist, dass Maria ihn nicht mehr zur Rechenschaft ziehen kann. Nein, er lässt es auch an kränkenden Bemerkungen nicht mangeln, weil er meist gar nicht mehr kapiert, wer überhaupt wer ist - und seiner Frau nun auch noch arglos liebevolle Erinnerungen an die Ex-Geliebte mitteilt.
Am blassesten bleibt die Kinder-Generation in Gestalt des Merz-Sohnes Leon (Philip Noah Schwarz) und seiner Frau Soraya (Süheyla Ünlü). Leon möchte gern den kleinen Jungen adoptieren, den seine Frau mit in die Ehe gebracht hat. Der Erzeuger möchte das nicht. Schwarz kann man schlecht vorwerfen, dass er gegen die hier versammelten komödiantischen Schwergewichte nicht anspielen kann, zumal er in der Rolle ja einen "Lauch" (so drückt sich der Kindsvater aus) darstellen soll. Klug, es gar nicht erst zu versuchen, sondern eben einfach blass zu bleiben.
Es steht zu erwarten, dass es mit Merz und Merz weitergehen wird. Schließlich sind mit den von Maria ins Leben gerufenen regelmäßigen Familienzusammenkünften die schönsten Voraussetzungen geschaffen, dass diese Familie einander weiterhin ein wenig Freud und so allerhand Leid bereiten wird. Wie so oft im wahren Leben.
infobox: "Merz gegen Merz - Geheimnisse", Fernsehfilm, Regie: Felix Stienz, Buch: Ralf Husmann, Kamera: Brendan Uffelmann, Produktion: Madefor Film GmbH (ZDF-Mediathek, seit 16.8.24; ZDF, 12.9.24, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 23.08.2024 09:55
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Fernsehfilm, Merz gegen Merz, Kaiser
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