Rechnungshofbericht: Pensionsverpflichtungen schränken SWR stark ein - epd medien

15.05.2024 13:02

Wie andere Rundfunkanstalten ächzt auch der SWR unter der Last steigender Pensionsverpflichtungen

Karlsruhe/Stuttgart (epd). Angesichts steigender Pensionsverpflichtungen empfiehlt der Rechnungshof Baden-Württemberg dem SWR, Tarifsteigerungen und Versorgungslasten künftig zu begrenzen. Die Pensionsverpflichtungen seien maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Eigenkapital der Rundfunkanstalt aufgezehrt sei, stellt die Behörde in einem Sonderbericht zur Prüfung des SWR mit dem Schwerpunkt "Betriebliche Altersversorgung und Deckungsstöcke" für die Geschäftsjahre 2013 bis 2019 fest.

Diese Situation werde den SWR "noch lange vor erhebliche Herausforderungen stellen und seine finanzielle Handlungsfähigkeit einschränken", teilte der Rechnungshof am 14. Mai in Karlsruhe mit. "Daher sollte er die begonnenen Struktur- und Optimierungsprozesse weiterführen." Den rund 160 Seiten umfassenden Bericht hatte der Rechnungshof zuvor am 2. April dem baden-württembergischen Landtag vorgelegt.

Rückstellungen von 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2019

Im Jahr 2013 habe das Eigenkapital des SWR noch 346 Millionen Euro betragen, im Prüfungszeitraum sei es immer mehr aufgebraucht worden und habe 2022 bei minus 233 Millionen Euro gelegen, hält der Bericht fest. "Dies ist im Wesentlichen auf die jahrelang immer weiter gestiegenen Pensionsrückstellungen zurückzuführen", erklärte der Rechnungshof. Rückstellungen von 2,1 Milliarden Euro für künftige Pensionen hätten bereits im Jahr 2019 den größten Passivposten der Bilanz der Rundfunkanstalt dargestellt.

Demnach gibt es beim SWR drei tarifvertraglich vereinbarte Altersversorgungsregelungen. Bei den bis in die 90er-Jahre gegebenen "Alt-Zusagen" garantiere der SWR seinen ehemaligen Mitarbeitern, dass sie in der Summe aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente einen bestimmten Prozentsatz ihres letzten Gehalts erreichen. Allein die Pensionszahlungen und Beihilfen für diese Altversorgungsfälle werden nach einer Prognose von rund 93 Millionen Euro im Jahr 2019 auf rund 112 Millionen Euro im Jahr 2028 ansteigen, wie der Rechnungshof mitteilte.

Das alte System der Gesamtversorgung sei beim SWR kurz vor der Jahrhundertwende geschlossen und von einer dynamischen Festrentenzusage nach einer Rententabelle der Rundfunkanstalt abgelöst worden. Die Finanzierung dieser Versorgungsleistungen erfolge durch Rückdeckungsversicherungen bei der Baden-Badener Pensionskasse VVaG. Ab 2017 sei auch dieses Versorgungssystem für Neuzugänge abgelöst von einer streng beitragsorientierten Leistungszusage. "Dies wird den Aufwand für die betriebliche Altersversorgung langfristig deutlich reduzieren", so der Rechnungshof.

Verschiedene Handlungsempfehlungen

Zwar sinke das Versorgungsniveau für die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SWR in den neueren Versorgungsordnungen deutlich, liege bei den Altversorgungsfällen aber über dem Niveau der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst, warnte die Behörde.

Der Rechnungshof leitet aus seinen Ergebnissen eine Reihe von Handlungsempfehlungen ab. Da Tarifsteigerungen systembedingt zu Steigerungen beim betrieblichen Altersversorgungsaufwand führen, sollte der SWR etwa bei seinen Tarifabschlüssen auch künftig die Selbstbindungserklärung der ARD-Anstalten beachten und sich am finanziellen Volumen der Abschlüsse im öffentlichen Dienst als Obergrenze orientieren.

Zudem sei es notwendig, die Ertragskraft des Deckungsstockvermögens zu erhöhen, erklärte der Rechnungshof. Dabei müsse allerdings weiterhin auf ein angemessenes Verhältnis der Ertragschancen zum Risiko geachtet werden.

Beihilfeansprüche und Langzeitarbeitskonten prüfen

Der Rechnungshof empfiehlt daneben eine mögliche Einschränkung der Beihilfeansprüche für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger sowie aktive Beschäftigte, die vor dem 1. Januar 2001 in den SWR eingetreten sind. Diesen werde noch Beihilfen nach den für Bundesbeamten geltenden Regelungen gezahlt, für die die Rückstellungen im Prüfungszeitraum stark gestiegen seien.

Auch mit Blick auf die Langzeitarbeitskonten, die SWR-Mitarbeiter typischerweise für einen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand nutzten, rät der Rechnungshof zu Einschränkungen. Zudem solle der SWR "die seit der Jahrhundertwende mit Erfolg betriebene Politik der Begrenzung der betrieblichen Versorgungsansprüche" bei den im Jahr 2031 anstehenden Tarifverhandlungen fortsetzen.

SWR-Intendant Kai Gniffke hatte anlässlich seiner Wiederwahl im vergangenen Dezember mit Blick auf die finanzielle Situation der Rundfunkanstalt eingeräumt, dass die Altersversorgung ehemaliger Mitarbeiter eine große Belastung darstelle und mittlerweile einen erheblichen Anteil des Budgets verschlinge. Die Betriebsrenten könnten aber nicht einfach gestrichen werden. Es gelte der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien. Auch andere ARD-Anstalten, das ZDF und das Deutschlandradio stehen durch Rückstellungen für die Altersversorgung vor unterschiedlichen finanziellen Herausforderungen.

nbl



Zuerst veröffentlicht 15.05.2024 15:02 Letzte Änderung: 15.05.2024 15:05

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Aufsicht, SWR, Rechnungshofbericht, Pensionen, nbl, NEU

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