01.03.2024 12:16
Frankfurt a.M. (epd). Der Chef der sächsischen Staatskanzlei, Oliver Schenk (CDU), hält eine Anhebung des Rundfunkbeitrags "derzeit für verfrüht". Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte er am Freitag (online), der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am 23. Februar vorgelegte Bericht sei eine "Momentaufnahme, die zeigt, wohin es geht, wenn jetzt nicht zügig gegengesteuert wird". Daher müsse der Reformprozess des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschleunigt werden. Die KEF hatte eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 56 Cent auf 18,94 Euro empfohlen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk befinde sich derzeit in einem Reformprozess, in dem es darum gehe, das System "kostengünstiger und effizienter zu organisieren", sagte Schenk der FAZ. Die Länder sollten "zunächst die Auswirkungen der Reformen abwarten, bevor ein neuer Finanzierungsstaatsvertrag auf den Weg gebracht wird".
Schenk verwies darauf, dass die Länder bis Herbst einen Medienänderungsstaatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erarbeiten wollen. "Mein Wunsch ist, dass der Entwurf auf der Jahresministerpräsidentenkonferenz im Oktober beschlossen werden kann", sagte er, das sei ein "ehrgeiziges Ziel". Parallel dazu sei ein "klares Reformkonzept der Anstalten" erforderlich. Dazu gehörten eine bessere Bewirtschaftung der Immobilien sowie eine detaillierte Personalplanung, die die Chancen des Abgangs der Baby-Boomer-Generation nutze. Außerdem sollten die öffentlich-rechtlichen Sender eine gemeinsame technologische Plattform aufsetzen.
In dem Sondergutachten, das die Länder bei der KEF anfordern wollen, solle die Kommission anschließend berechnen, "welches Finanzvolumen sowohl die Festlegungen der Länder als auch die Reformen der Sender ergeben", sagte Schenk. In dem Gutachten sollten die Einsparmöglichkeiten genau beziffert werden. Anschließend solle die KEF eine neue Empfehlung für die Jahre ab 2027 errechnen. Für die kommenden zwei Jahre hätten die Sender noch Rücklagen, mit denen sie ihren Finanzbedarf decken könnten.
Der KEF-Martin Detzel verteidigte die empfohlene Erhöhung des Rundfunkbeitrages. Nach einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" in Halle sagte er am Donnerstag im Landtag von Sachsen- Anhalt, er sehe keine Möglichkeit mehr, die Erhöhung zu verhindern. Detzel hatte bei der Vorstellung des KEF-Berichts am 23. Februar gesagt, die Politik habe es versäumt, rechtzeitig Sparbeschlüsse auf den Weg zu bringen.
In der Enquete-Kommission des Landtags Sachsen-Anhalt zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk warnte der KEF-Vorsitzende die Politik vor einer Blockade der Beitragserhöhung. Laut dem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" lehnt eine Mehrheit der Abgeordneten im Landtag von Sachsen-Anhalt eine Erhöhung ab. Die auf Antrag der drei Regierungsfraktionen CDU, SPD und FDP vom Landtag eingesetzte Enquete-Kommission zum Thema "Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch Transparenz und Reformwillen stärken" hatte im März 2023 ihre Arbeit aufgenommen.
2020 war die von den Ministerpräsidenten beschlossene Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent zunächst gescheitert, weil der Landtag von Sachsen-Anhalt nicht über das entsprechende Gesetz abstimmte. Die öffentlich-rechtlichen Sender riefen daraufhin das Bundesverfassungsgericht an. Dieses bestätigte im Sommer 2021, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio einen Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte Finanzierung haben. Auf Beschluss der Karlsruher Richter wurde der Beitrag dann auf 18,36 Euro erhöht.
Detzel hatte dem Deutschlandfunk am Dienstag gesagt, er halte es für eine "sehr sportliche Vorstellung", die KEF könne im Herbst aufgrund des neuen Medienstaatsvertrags zu einer neuen Beitragsberechnung kommen. Was jetzt von den Ländern diskutiert werde, seien "Reformvorhaben, also Überlegungen, Wünsche, Modelle", die aber keine Rechtssicherheit böten. "Beitragsrelevant kann nur ein Auftrag sein, der eine rechtssichere Basis hat", sagte Detzel. Wenn der Auftrag neu formuliert sei, müssten die Anstalten ihren Bedarf neu anmelden, die KEF müsse diese Anmeldungen prüfen und den Bedarf errechnen. Anschließend müsse das ganze noch von den 16. Länderparlamenten ratifiziert werden: "Das alles in zwei Monaten stelle ich mir spannend vor."
Die Rücklagen aus dem Rundfunkbeitrag seien von der KEF bei ihrer Empfehlung bereits "vollständig eingepreist" worden, sagte Detzel im Deutschlandfunk. Würden diese Rücklagen bereits in den Jahren 2025 und 2026 aufgebraucht, würden sie in den folgenden zwei Jahren fehlen. "Rechentechnisch" müsste der Rundfunkbeitrag dann um 1,16 Euro steigen.
dir/lob
Zuerst veröffentlicht 01.03.2024 09:55 Letzte Änderung: 01.03.2024 13:16
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Finanzen, KEF, Detzel, Rundfunkbeitrag, Bundesländer, lob, dir, NEU
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