02.05.2024 10:32
Unterföhring (epd). Die Aktionärinnen und Aktionäre der ProSiebenSat.1 Media SE haben bei der Hauptversammlung am 30. April die vorgeschlagene Aufspaltung des Unternehmens nicht gebilligt. Hintergrund war ein Antrag des größten Minderheitseigners MFE, demzufolge ProSiebenSat.1 die Trennung der Segmente Commerce & Ventures sowie Dating & Video vom Segment Entertainment hätte sollen, wie der Konzern in Unterföhring mitteilte.
Knapp 71 Prozent der Aktionäre stimmten für die Vorbereitung eines Abspaltungs- und Übernahmevertrags, erforderlich war jedoch eine Dreiviertelmehrheit. Die Aktionäre seien im Ergebnis der Empfehlung von Vorstand und Aufsichtsrat gefolgt, erklärte ProSiebenSat.1.
ProSiebenSat.1 hatte sich bereits Ende März gegen die MFE-Pläne gestellt. Die Idee des italienischen Unternehmens, an dessen Spitze Pier Silvio Berlusconi steht, sei nicht sinnvoll, befanden Vorstand und Aufsichtsrat. Die Gremien fokussierten sich konsequent auf das Entertainment-Segment, teilte der Konzern mit. Der Vorstand prüfe laufend mögliche Schritte und bereite die Verkäufe einzelner Beteiligungen in den Segmenten Commerce & Ventures und Dating & Video vor.
Bei einer Aufspaltung würde sich der Verschuldungsgrad von ProSiebenSat.1 erheblich erhöhen, argumentierte der Konzern. Damit würden strategische Akquisitionen und eine übliche Dividendenpolitik unmöglich. Die Aufspaltung liegt nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat im Interesse von MFE, nicht aber im Interesse der übrigen Aktionäre.
"Wir verfolgen eine klare Strategie", sagte der Vorstandsvorsitzende Bert Habets bei der Hauptversammlung. "Wir setzen auf unsere Entertainment-Kompetenz. Wir rücken Joyn in den Mittelpunkt. Wir nutzen die Potenziale von Partnerschaften. Und wir entwickeln neue Formen der Monetarisierung." Um langfristig Wert für die Aktionäre zu schaffen, sei der Verkauf der Beteiligungen an Verivox und Flaconi wesentlich. Mit den Erlösen solle die Verschuldung reduziert und das Entertainment-Segment gestärkt werden, so Habets.
Während der Hauptversammlung wurden Christoph Mainusch auf Vorschlag des tschechischen Minderheitsaktionärs PPF Group sowie Leopoldo Attolico und Simone Scettri auf Vorschlag von MFE in den Aufsichtsrat gewählt, wie ProSiebenSat.1 weiter mitteilte. Klara Brachtlova, die als PPF-Vertreterin im vergangenesnJahr gerichtlich als Aufsichtsrätin bestellt worden war, wurde im Amt bestätigt. Rolf Nonnenmacher und Marjorie Kaplan gehörten dem Aufsichtsrat nicht mehr an, so das Unternehmen.
Ende März hatten Vorstand und Aufsichtsrat dem Antrag von MFE eine Absage erteilt, demzufolge der ehemalige italienische Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young, Simone Scettri, das Aufsichtsratsmitglied Rolf Nonnenmacher ersetzen soll. Dies würde unter anderem zu einer Überrepräsentation der großen Minderheitsaktionäre führen, hieß es damals
Bei der Hauptversammlung lehnte MFE den Angaben zufolge den Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand zu einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme bei der Streamingplattform Joyn ab. "Danach sollte Joyn zukünftig direkt unterhalb der ProSiebenSat.1 Media SE hängen und die Muttergesellschaft der Seven.One Entertainment GmbH werden", erklärte das Unternehmen. "So würden unsere Sender und sonstigen Plattformen zu 100 Prozent von der Joyn GmbH gehalten und Verlustvorträge könnten steuerlich geltend gemacht werden. Dies hätte Steuerersparnisse in dreistelliger Millionenhöhe zur Folge." Die Ablehnung von MFE führe nun dazu, dass Verlustvorträge von Joyn derzeit nicht genutzt werden könnten.
Weiter hätten die Aktionäre zugestimmt, wie im Vorjahr für das Geschäftsjahr 2023 eine Dividende in Höhe von 5 Cent je Aktie auszuschütten.
Die Beteiligungsstruktur von ProSiebenSat.1 hatte sich zuletzt mehrfach verändert. Der tschechische Mischkonzern PPF Group war Anfang 2023 eingestiegen und erhöhte im Juni vergangenen Jahres seine Beteiligung am Konzern auf 11,6 Prozent der Stimmrechte. Größter Einzelaktionär von ProSiebenSat.1 ist Media For Europe (MFE), die Firma der Familie des früheren, inzwischen verstorbenen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. MFE hält aktuell eine Kapitalbeteiligung von 26,58 Prozent.
cph
Zuerst veröffentlicht 02.05.2024 12:32
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Internet, ProSiebenSat.1, Berlusconi, MFE, PPF, cph
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