21.06.2024 13:46
Mainz (epd). Die Rundfunkkommission der Bundesländer will die Zahl der ARD-Hörfunkprogramme reduzieren. Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) sagte dem epd, derzeit gebe es je nach Zählweise um die 70 Radioprogramme. Künftig sollen es eher 51 oder 53 Programme sein. Eine endgültige Festlegung stehe noch aus. Raab koordiniert die Rundfunkkommission.
Es solle ein Grundmodell geben, dass jede Landesrundfunkanstalt vier lineare Hörfunkprogramme betreiben könne, sagte Raab. Zusätzliche Programme seien für Mehrländeranstalten wie etwa den Norddeutschen Rundfunk (NDR) und Anstalten mit großem Sendegebiet vorgesehen. Mit Blick aufs Fernsehen berate die Rundfunkkommission noch, ob es bei den Spartenkanälen von ARD und ZDF zu Reduzierungen kommen soll.
Für alle Online-Angebote, Apps und Social-Media-Auftritte solle es künftig "eine qualifizierte Begründungspflicht" geben, erklärte Raab: Hier gehe es um "Erforderlichkeit und Gebotenheit".
Für die Online-Angebote der Rundfunkanstalten sehe die Rundfunkkommission beim Verbot der Presseähnlichkeit Bedarf für Nachjustierungen. So solle der schon bisher vorgeschriebene Sendungsbezug geschärft werden. Die Presseverlage kritisieren seit längerem, dass die öffentlich-rechtlichen Online-Angebote weiter presseähnlich gestaltet seien. Im Mai reichte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) eine Beihilfebeschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Der BDZV kritisierte, dass sich die Sender mit ihren "mit Gebührenmitteln finanzierten Textangeboten digital zu Zeitungsangeboten in Konkurrenz setzen".
Die Rundfunkkommission wolle mit dem Reformstaatsvertrag außerdem den Auftrag der öffentlich-rechtlicher Sender qualitativ schärfen, sagte Raab dem epd. Die Anstalten sollen beispielsweise in ihren Angeboten mehr die Interaktion mit den verschiedenen Zielgruppen suchen. Ferner sollen Partnerschaften und Zusammenarbeit mit Bildungs- und Kultureinrichtungen festgeschrieben werden.
Für die Anstalten solle es außerdem eine Verpflichtung dazu geben, Innovationen im Programm zu entwickeln. Auch geht es laut Raab darum, in den Angeboten zwischen Meinung und Nachrichten klar zu trennen. Mit diesen Punkten würden auch Empfehlungen des Zukunftsrats zu ARD und ZDF aufgegriffen. Insgesamt gehe es um "einen Relaunch mit Blick auf den qualitativen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender", sagte Raab.
Im Reformstaatsvertrag soll nach Angaben der Medienpolitikerin ferner verankert werden, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio "ein gemeinsames technisches Plattformsystem" aufzubauen haben. Vor diesem Hintergrund begrüße die Rundfunkkommission die Open-Source-Initiative von ARD und ZDF zum gemeinsamen Streaming-Netzwerk und die geplante Gründung einer Technik-Tochtergesellschaft.
Bei einer solchen Zusammenarbeit stellten sich aber auch kartellrechtliche Fragen, ob eine solche Kooperation rechtssicher möglich ist. Raab sagte, die Rundfunkkommission habe daher beschlossen, dazu ein kartellrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben. Darin soll es um die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen einer vertieften Kooperation zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehen.
Noch keine Entscheidung gebe es dazu, ob eine Obergrenze für die Intendantengehälter eingeführt werde, sagte Raab. Oder ob künftig bestimmte Kriterien zu berücksichtigen seien, wenn es um die Festlegung dieser Gehälter gehe. Einig sei man sich darüber, dass eine Orientierung am öffentlichen Sektor erfolgen solle.
Auch die Transparenz bei den Honoraren für Moderatoren von Unterhaltungsshows ist Raab zufolge ein Thema. Dies lasse sich dadurch erreichen, dass eine Veröffentlichungspflicht der Gehälter in die jeweiligen Verträge aufzunehmen sei. Bei den Sportrechteetats von ARD und ZDF wolle die Rundfunkkommission eine Deckelung vornehmen, sagte die Staatssekretärin: Diese Budgets sollen künftig in "einem angemessenen Verhältnis zum Gesamtprogramm" stehen.
Raab kündigte an, dass die Beratungen in der Rundfunkkommission zum Reformstaatsvertrag am Montag fortgesetzt werden sollen. Es gehe auch um Reformen bei der Organisation der ARD. Durch den Reformstaatsvertrag sollen insgesamt fünf Staatsverträge novelliert werden: der Medienstaatsvertrag, der ARD-, der ZDF- und der Deutschlandradio-Staatsvertrag sowie der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Ziel sei es, so die Staatssekretärin, der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober einen Staatsvertragstext zur Verabschiedung vorzulegen.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) arbeitet Raab zufolge derzeit an einem Sondergutachten, um zu prüfen, in welcher Größenordnung sich durch die geplanten staatsvertraglichen Änderungen der künftige Finanzbedarf der Anstalten reduziere. Die im Reformstaatsvertrag geplanten Maßnahmen würden sich aber sicher erst in den nächsten Jahren bemerkbar machen. Insgesamt müsse es darum gehen, perspektivisch Beitragsstabilität zu sichern, sagte Heike Raab.
Die KEF-Empfehlung, den Rundfunkbeitrag ab 2025 um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat zu erhöhen, wäre über eine Novelle des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags zu regeln. Die Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer lehnen aber eine solche Anhebung ab. Ob die Erhöhung noch "im Rahmen einer Gesamtlösung" gelinge, werde sich zeigen, sagte Raab. Durch den Reformstaatsvertrag sollten die Länder, die die Beitragsanhebung ablehnten, davon überzeugt werden, dieser doch zuzustimmen. Aufgrund der Rerformen werde der Finanzbedarf der Rundfunkanstalten künftig sinken.
vnn
Zuerst veröffentlicht 21.06.2024 15:46 Letzte Änderung: 21.06.2024 17:05
Schlagworte: Medien, Bundesländer, Rundfunk, NEU
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