Zeitungsartikel made in China - epd medien

16.05.2024 09:33

Nicht nur in der Wirtschaft, auch in Presse und Kultur ist China immer präsenter in Lateinamerika. Dabei setzt das asiatische Land etwa auf Verträge mit Medienunternehmen - mit Erfolg.

In Lateinamerika wächst der chinesische Einfluss auf die Medien

Inhalte des chinesischen Auslandssenders CGTN werden auch von lateinamerikanischen Medien publiziert - die Herkunft bleibt dabei aber meist unerwähnt

Autos, preiswerte Handys und große Infrastrukturprojekte: China baut seinen wirtschaftlichen Einfluss in Lateinamerika stetig aus. Das Land hat die USA als wichtigsten Handelspartner in fast allen Volkswirtschaften des Subkontinents abgelöst, das Handelsvolumen hat sich seit der Jahrtausendwende von 12 auf 437 Milliarden US-Dollar 2022 mehr als verdreißigfacht. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Medien.

Besonders deutlich wurde dies während der Corona-Pandemie. China lieferte große Mengen an Schutzkleidung, Masken und später auch Impfstoff - begleitet von Öffentlichkeitskampagnen. So strahlten zu Beginn der Pandemie zahlreiche lateinamerikanische Fernsehsender die Dokumentation "Epicenter: 24 Stunden in Wuhan" des staatlichen chinesischen Auslandssenders CGTN aus. Gezeigt wurde, wie Gesundheitspersonal in der Millionenstadt, wo Corona das erste Mal auftauchte, gegen das Virus kämpft. Der Haken: Oftmals wurde die Herkunft des Films nicht genannt.

Autorschaft wird verschleiert

Dieses Beispiel steht für viele weitere Fälle und eine Strategie, die China erfolgreich auf dem Kontinent umsetzt. Die chinesischen Staatsmedien liefern TV-Beiträge und Artikel für Zeitungen oder Zeitschriften auf Spanisch und Portugiesisch. Meist wird nicht erwähnt, wer die Autoren sind. Dabei nähmen Leser oder Zuschauer an, die Inhalte seien von lokalen Journalisten produziert worden, sagt Igor Patrick vom Forschungszentrum Wilson Center in Washington.

Der Experte verweist auf die hohen Investitionen der chinesischen Regierung in den TV-Sender CGTN, in China Radio International und die Nachrichtenagentur Xinhua, um das Land positiv und als Großmacht darzustellen. Inzwischen produzieren chinesische Staatsmedien in 65 Sprachen. "Die Hauptzielgruppe für China ist der globale Süden, besonders Afrika und Lateinamerika", sagt Patrick, der Sinologie studiert und als Journalist über China berichtet hat.

Zahlreiche Partnerschaftsabkommen

Zahlreiche lateinamerikanische Medienunternehmen wie El Clarín in Argentinien, die Televisa-Gruppe in Mexiko oder die chilenische Zeitung "La Tercera" haben mit China Partnerschaftsabkommen vereinbart. Damit verpflichten sie sich etwa zu einer monatlichen Mindestabnahme von Artikeln, Fotos und Videos, die durch chinesische Staatsmedien produziert wurden. In manchen Fällen erhalten sie dafür erhebliche Zahlungen.

Viele Medien in Lateinamerika kämpfen Patrick zufolge mit finanziellen Schwierigkeiten. Für sie seien die Vereinbarungen mit den chinesischen Staatsmedien deshalb ein Rettungsanker. Viele Medienunternehmen hätten aufgehört, kritisch über China zu berichten.

Nirgendwo sonst auf der Welt ist laut Reporter ohne Grenzen die Konzentration von Medienunternehmen so groß wie in Lateinamerika. Oft werden diese von Familien-Dynastien geführt, die noch in anderen Wirtschaftsbereichen tätig sind, wie im Agrarsektor und im Bergbau. Somit sind die Abkommen mit China für die Medieneigentümer auch ein Türöffner für neue Absatzmärkte.

Brasilien besonders im Fokus

Besonders im Fokus Chinas steht Brasilien als stärkste Volkswirtschaft und mit der größten chinesischen Community. Das wichtigste Abkommen schloss der chinesische Sender CGTN 2019 mit der Globo-Gruppe, Brasiliens größtem und einflussreichsten Medien-Imperium. Die Produkte von Globo - ob TV-Sender oder Zeitungen - erreichen pro Tag rund 100 Millionen Brasilianer und damit knapp die Hälfte der Bevölkerung. Eine effizientere Verbreitung gewünschter Inhalte gibt es kaum.

Neben den Investitionen in eine Medienstrategie weitet China auch seine Kulturdiplomatie aus. Peking eröffnete in fast allen Ländern Lateinamerikas Konfuzius-Kulturinstitute, bietet Reisestipendien für Studenten, Akademiker und Journalisten an.

Damit änderte sich auch das Meinungsbild. Die Skepsis in Bezug auf China ist laut einer Umfrage der US-Denkfabrik Pew Research Center vom vergangenen Jahr gewichen. Über 30 Prozent der Befragten sehen China demnach als einen weltweit führenden Wirtschaftsakteur. Rund die Hälfte von ihnen findet, dass Chinas wirtschaftliches Engagement eine gute Sache sei.



Zuerst veröffentlicht 16.05.2024 11:33 Letzte Änderung: 16.05.2024 12:00

Susann Kreutzmann

Schlagworte: Lateinamerika, China, Medien, Kreutzmann, Globo, CGTN, NEU

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