Bulgariens Medien bleiben Spielball der Politik - epd medien

06.03.2024 11:49

Sofia (epd). In Bulgarien treiben undurchsichtige Besitzverhältnisse auf dem Medienmarkt weiter Blüten. Der frühere Medienunternehmer und amtierende Vorsitzende der Partei der türkischen Minderheit "Bewegung für Rechte und Freiheiten" (DPS), Deljan Peewski, zeigte der Staatsanwaltschaft, der Staatlichen Agentur für Nationale Sicherheit (DANS) und dem Innenministerium Ende Februar an, dass in Bulgarien fast 400 Roboter-Websites pro-russische Propaganda verbreiten würden.

Der Abgeordnete stützt seine Erkenntnisse auf eine bereits im September 2023 erschienene Studie der "Stiftung für humanitäre und soziale Forschung" (FHSI). Demnach nutzen die fraglichen Websites allerdings ausgerechnet Material des boulevardesken Online-Medium "blitz.bg", das lange Zeit dem Medienimperium Peewskis zugeschrieben wurde.

Redaktionell auf Peewski-Linie

In der Studie heißt es, dass "über 370 anonyme Websites mit fast identischem Design und mit identischem Inhalt (..) am häufigsten Material der Blitz News Agency nachdrucken und zusammen mit 'Blitz' ein gemeinsames Netzwerk des Einflusses bilden". Peewski war das Eigentum an "Blitz" zwar nicht nachzuweisen, doch entsprach die redaktionelle Linie derjenigen seiner Printmedien "Telegraph", "Monitor" und "Politika". Zudem sagte der frühere "Blitz"-Eigner Plamen Kamenow dem TV-Sender BiT im Jahre 2017, "die Leute von Deljan Peewski" hätten ihm das Unternehmen "buchstäblich in drei Tagen geklaut".

Seit Peewski 2021 seinen Medienverlag Westnik Telegraf an die in Serbien ansässige United Group verkaufte, besitzt er offiziell keine Medien mehr. Jedoch berichtet "Blitz" oft und stets positiv über seine politischen Aktivitäten, was auf eine anhaltende Verbindung zu Peewski hindeutet.

So berichtete "Blitz" mit der Schlagzeile "Dank Peewskis Signal Ermittlungen zu russischer Propaganda" auch über seinen Vorstoß gegen russische Desinformation. "DANS, Innenministerium und Staatsanwaltschaft sollten die Frage beantworten, ob es ein Netzwerk pro-russischer Bots gibt, das auf dem Territorium Bulgariens operiert, und wer hinter diesem Netzwerk steckt, so Peewski unmissverständlich", schrieb "blitz.bg" am 27. Februar, ohne indes die FHSI-Studie zu erwähnen.

zitat: Verschlungene Geschäftsmodelle und Mittlerfirmen

Jahrelang ließ sich Peewski für die DPS in die Bulgarische Volksversammlung wählen, ohne als Abgeordneter an den Parlamentssitzungen teilzunehmen. Dies ist in dieser Legislaturperiode anders. Inzwischen exponiert er sich als einer von Bulgariens entschiedensten "Euro-Atlantikern". Manche politische Beobachter halten seinen auffälligen politischen Aktivismus für den wenig aussichtsreichen Versuch, sich der "Magnitsky"-Sanktionen zu entledigen, die die US-Regierung ihm 2021 wegen des Vorwurfs der Korruption auferlegt hat.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) belegt Bulgarien Platz 71 von 180 Ländern. Einige wenige Unternehmer besäßen in Bulgarien einen Großteil der Medien und bestimmten die Redaktionslinie in enger Abstimmung mit führenden Politikern, heißt es im RSF-Länderbericht. "In vielen Fällen verhindern verschlungene Geschäftsmodelle und Mittlerfirmen Klarheit über die Besitzverhältnisse." Im November 2023 startete der neue TV-Sender Widimo & Newidimo TV (WNT) ("Sichtbar & Unsichtbar TV"), der mit unabhängigem Journalismus eine Alternative zu den etablierten staatlichen und privaten Medien bieten will.

fst



Zuerst veröffentlicht 06.03.2024 12:49

Schlagworte: Medien, Bulgarien, Pressefreiheit, Peewski, Blitz, fst

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