Georgien: Parlament setzt umstrittenes Mediengesetz in Kraft - epd medien

06.06.2024 10:02

Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili - hier 2023 in Brüssel - gehört zu den Gegnern des neuen Gesetzes

Tiflis (epd). Mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger ist in Georgien am 4. Juni das umstrittene Gesetz "Über die Transparenz ausländischen Einflusses" in Kraft getreten. Es sieht die Registrierung von einheimischen NGOs und Medien, die sich zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland finanzieren, in einem Sonderregister vor. Diese gelten als "Organisationen, die die Interessen einer ausländischen Macht vertreten".

Justiz- und Finanzministerium erhalten zudem das Recht, ohne Gerichtsbeschluss Informationen von den Organisationen und mit ihnen verbundenen Personen einzufordern.

Nach Meinung der Gegner des neuen Gesetzes soll es nach dem Vorbild Russlands kritische Meinungen in Georgien unterdrücken. Staatspräsidentin Salome Surabischwili hatte am 18. Mai ihr Veto gegen das verabschiedete Gesetz eingelegt, das Parlament überstimmte sie jedoch am 28. Mai. Die USA und die EU hatten ebenfalls scharfe Kritik geübt, während die russische Regierung die Regelung lobte.

Ähnliches Gesetz in Russland

In Russland existiert seit 2012 ein ähnliches Gesetz, das als Grundlage für Maßnahmen gegen regierungskritische Medien und Organisationen dient. Der jetzigen Regierung in Georgien wird vorgeworfen, die ehemalige Sowjetrepublik Georgien wieder an Russland annähern zu wollen. Russland und China sind heute die wichtigsten Handelspartner Georgiens.

Das Gesetz wurde von der sozialliberalen Regierungspartei "Georgischer Traum-Demokratisches Georgien" (KO-DS) initiiert, die seit 2012 in Georgien regiert. Die Partei wurde vom Milliardär Bidsina Iwanischwili gegründet, der weiterhin großen Einfluss auf die Politik ausübt. Regierungsvertreter erklärten, dass das Gesetz notwendig sei, um die Stabilität Georgiens gegen ausländische Einflussnahme zu schützen, insbesondere gegen Einmischungsversuche westlicher Länder vor den Parlamentswahlen im Oktober 2024.

Gleichzeitig betonte die Regierung, den Kurs auf Integration in die Europäische Union und die Zusammenarbeit mit den USA fortsetzen zu wollen. Aber die Beziehungen müssten "korrigiert werden".

Proeuropäische Opposition formiert sich

In Georgien formiert sich nun die proeuropäische Opposition. 17 Oppositionsparteien und Unabhängige unterzeichneten auf Initiative von Präsidentin Surabischwili eine "Georgische Charta" für die Wahlen im Oktober 2024. Sie planen im Falle eines Wahlsieges die Bildung einer provisorischen Regierung, die Reformen durchführt und die Verhandlungen mit der EU wieder aufnimmt.

Surabischwili wurde 1952 als Kind georgischer politischer Emigranten in Paris geboren, studierte Politikwissenschaften und war von 2003 bis 2004 französische Botschafterin in Georgien. Von 2004 bis 2005 war sie Außenministerin in der Regierung des Staatspräsidenten Micheil Saakaschwili. Nach dem Bruch mit ihm gründete sie 2006 eine eigene Partei. 2018 wurde sie mit Unterstützung der Regierungspartei als unabhängige Kandidatin für sechs Jahre - bis Dezember 2024 - zur Staatspräsidentin gewählt. Das neue Staatsoberhaupt wird dann vom neuen Parlament gewählt.

Nach seiner Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 erlebte Georgien politische Umwälzungen, darunter die "Rosenrevolution" 2003 und den anschließenden Aufstieg von Saakaschwili, der tiefgreifende Reformen durchführte, jedoch zunehmend autoritär regierte.

ebe



Zuerst veröffentlicht 06.06.2024 12:02

Schlagworte: Medien, Georgie, Russland, Pressefreiheit, Salome Surabischwili, ebe

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