26.06.2024 07:50
Stuttgart/Mainz (epd). ARD und ZDF könnten mit der geplanten Gründung einer gemeinsamen Tochterfirma für den Betrieb ihrer Streaming-Angebote Zusatzkosten entstehen. Wenn Sender über private Tochtergesellschaften agierten, also kommerziell tätig würden, gebe es grundsätzlich eine Umsatzsteuerpflicht, sagte der Medienrechtler Dieter Dörr auf epd-Nachfrage: "Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind, um Kostenrisiken einschätzen zu können, in die Berechnungen einzubeziehen." Ob mit Blick auf die geplante Technik-Tochter eine Umsatzsteuerbefreiung überhaupt möglich sei, könne nur ein Steuerrechtsexperte einschätzen.
ARD und ZDF sind sich der Problematik mit der Umsatzsteuer bei der vorgesehenen Technik-Tochtergesellschaft bewusst, wie die Sender auf epd-Anfrage erklärten. "Aufgrund der geltenden steuerrechtlichen Regelungen kann es abhängig von der Ausgestaltung einer Kooperation in der Tat zu einer Umsatzbesteuerung kommen", teilte die ARD mit.
Weitere Fragen etwa dazu, ob dann der volle Satz von 19 Prozent oder der ermäßigte Satz von sieben Prozent bei der Umsatzsteuer greift, könnten zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Das hänge damit zusammen, "dass die steuerliche Behandlung von der konkreten Ausgestaltung und den rechtlichen Rahmenbedingungen abhängt".
Anfang Mai hatten ARD und ZDF mitgeteilt, für den technischen Betrieb ihrer Streaming-Angebote "eine gemeinsame kommerzielle Tochterfirma" gründen zu wollen. Die Federführung für diese Einheit übernimmt demnach die ARD. Für diese Tochtergesellschaft ist es nach Darstellung der Anstalten nötig, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Das Deutschlandradio soll ebenfalls bei dieser Tochtergesellschaft einbezogen werden. Es ginge dann um den technischen Betrieb der Audiothek der Sendeanstalt.
Das Deutschlandradio äußerte ebenfalls noch nicht näher zur Umsatzsteuerproblematik. Grundsätzlich seien Rahmenbedingungen wünschenswert, die auch die von der Medienpolitik geforderte Zusammenarbeit zwischen ARD, ZDF und Deutschlandradio ermöglichten, um so "deutliche Einsparungen" erzielen zu können, teilte ein Sprecher mit.
Die Rundfunkanstalten selbst unterliegen laut Medienrechtler Dörr nicht der Umsatzsteuer. Gründe dafür seien, dass sie "eine integrierende Funktion für das Staatsganze erfüllen" und ihre Tätigkeit nicht gewerblicher Art sei. Der Bundesgesetzgeber - der zuständig für die Höhe der Umsatzsteuer ist - dürfe die Rundfunkanstalten "auch nicht im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Funktionen der Umsatzsteuerpflicht unterwerfen, also etwa ihre Sendetätigkeit durch eine gesetzliche Funktion in eine gewerbliche Tätigkeit umdeuten". Anders sei es bei kommerziell agierenden Tochtergesellschaften der Anstalten.
Bei der vorgesehenen Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Sender im Technikbereich sind außerdem noch kartellrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Für die ARD wäre hier "zur Absicherung der Kooperation eine staatsvertragliche Verankerung wünschenswert".
Daneben setzen sich ARD und ZDF weiterhin dafür ein, dass der Bund im Kartellrecht eine Ausnahmeregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verankert. Dadurch wären nach Auffassung der Anstalten Kooperationen einfacher möglich. Bisher hat es die Bundespolitik aber stets abgelehnt, eine solche Ausnahme in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aufzunehmen.
Auch der Verband Privater Medien Vaunet plädiert dafür, Sonderregelungen für Kooperationen von privaten Rundfunkunternehmen zu schaffen, insbesondere von Radioveranstaltern. Das Verfahren zur zwölften GWB-Novelle hat das zuständige Bundeswirtschaftsministerium Ende 2023 gestartet. ARD, ZDF und die Privatsender treten erneut dafür ein, ihnen über Ausnahmeregelungen Kooperationen zu erleichtern.
vnn
Zuerst veröffentlicht 26.06.2024 09:50
Schlagworte: Medien, ARD, ZDF, Technik, vnn, Streaming, Deutschlandradio, Recht, Dörr, Kartellrecht, GWB
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