28.08.2024 08:23
Frankfurt a.M. (epd). Die ARD rechnet in den kommenden Jahren mit deutlich rückläufigen Werbeeinnahmen. Das hänge mit Veränderungen im Fernsehmarkt zusammen, erklärte der Geschäftsführer der Werbetochter ARD Media, Tobias Lammert, auf Nachfrage des epd in Frankfurt. Die Fragmentierung des Bewegtbildmarktes und das starke Wachstum im digitalen und non-linearen Bewegtbildangebot sei beträchtlich. Dies werde "im linearen Bereich zunehmend Probleme bereiten", sagte Lammert. In der 2025 beginnenden neuen Rundfunkbeitragsperiode sei "mit signifikanten Rückgängen" zu rechnen.
Ganz überwiegend finanzieren sich die öffentlich-rechtlichen Sender aus Rundfunkbeitragseinnahmen. Laut dem Medienstaatsvertrag darf die ARD in ihrem ersten Programm Werbung senden, ebenso das ZDF. Doch diese ist bei beiden Programmen beschränkt auf jeweils "höchstens 20 Minuten werktäglich im Jahresdurchschnitt". Nach 20 Uhr sowie sonntags und an bundesweiten Feiertagen ist Werbung nicht zulässig.
Im Hörfunk gelten bei den einzelnen ARD-Landesrundfunkanstalten unterschiedliche Werberegelungen. Neben Werbung ist auch noch Sponsoring von Sendungen möglich. Dies ist ebenfalls nach 20 Uhr sowie sonntags und an bundesweiten Feiertagen nicht erlaubt. Ausgenommen davon sind allerdings Übertragungen von Sport-Großereignissen. Die Online-Angebote von ARD und ZDF, darunter die Mediatheken, müssen grundsätzlich werbefrei sein.
Zur Werbeentwicklung äußerte sich der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR), jüngst auf der Gamescom. Er sagte am 24. August in dem vom SWR entwickelten Twitch-Format "Work hard - play hard", dass die Werbeeinnahmen der ARD "brutal einbrechen" würden, weil das "mit dem Fernsehen nicht mehr so eine coole Idee" sei.
Für die laufende Beitragsperiode (2021 bis 2024) erwartet die ARD insgesamt Nettowerbeumsätze in Höhe von 1,56 Milliarden Euro, wie aus dem aktuellen 24. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hervorgeht. Pro Jahr in diesem Zeitraum sind das durchschnittlich 389 Millionen Euro. ARD-Media-Geschäftsführer Lammert sagte dem epd: "Wenn alles optimal läuft, kann es sein, dass wir dieses Ziel erreichen."
Für die nächste Beitragsperiode (2025 bis 2028) kalkulierte die ARD laut dem KEF-Bericht mit Nettowerbeumsätzen in Höhe von nur noch 1,37 Milliarden Euro, insbesondere wegen stark rückläufiger TV-Nettowerbeumsätze. Doch die Kommission hielt diese Prognose der ARD für zu niedrig und erhöhte den Betrag auf 1,45 Milliarden Euro. "Der Zeithorizont bis 2028 ist in der Vermarktung eine kleine Ewigkeit", sagte Lammert. Wenn sich aber die beschriebenen Nutzungsszenarien im Bewegtbildmarkt so weiter entwickelten wie zuletzt, dann werde es "sehr eng", diesen Umsatz zu erreichen.
Lammert kritisierte, es komme "einem Werbeverbot durch die Hintertür gleich, wenn die Medienpolitik unverändert dabei bleibt, die Mediathek weiterhin selbst von einer moderaten Vermarktung freizuhalten". Das werde "in einigen anderen europäischen Märkten, zum Beispiel in Österreich, erfolgreich anders gehandhabt". ORF Enterprise, die Werbevermarktungstochter der österreichischen Rundfunkanstalt, bietet nach eigenen Angaben auf der Mediathek ORF ON "Video- als auch Display-Werbeformen" an.
In Deutschland haben nach epd-Informationen die zuständigen Bundesländer bisher keine Pläne, die derzeitige Regelung aufzuweichen und ARD und ZDF etwa in ihren Mediatheken Online-Werbung zu erlauben.
vnn
Zuerst veröffentlicht 28.08.2024 10:23 Letzte Änderung: 28.08.2024 16:17
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Finanzen, NEU
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