Grimme-Institut: Personalberatung ifp sucht neue Geschäftsführung - epd medien

19.02.2024 14:32

Das Grimme Institut in Marl

Marl (epd). Die Personalberatung ifp soll eine neue Geschäftsführung für das wirtschaftlich in Schwierigkeiten geratene Grimme-Institut in Marl suchen. Nach epd-Informationen beschlossen dies die Gesellschafter des Instituts am 9. Februar. Im Rennen war daneben auch der Konkurrent Odgers Berndtson, der am Ende aber nicht zum Zuge kam. Der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV), der den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung hat, wollte sich auf Nachfrage nicht zur Beauftragung von ifp äußern. Ende April läuft der Vertrag von Grimme-Geschäftsführerin Frauke Gerlach aus, die das Institut dann verlässt.

Mitte Januar hatte der DVV dem epd mitgeteilt, die Grimme-Gesellschafter planten, für die Neubesetzung der Leitungsposition "Unterstützung durch eine professionelle Personalberatung in Anspruch zu nehmen". Der DVV ist mit 40 Prozent größter Gesellschafter. Jeweils zehn Prozent halten das Land NRW, die Film- und Medienstiftung NRW, die Landesanstalt für Medien NRW, die Stadt Marl, der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und das ZDF.

Öffentliche Ausschreibung unklar

Bereits im Dezember 2023 hatte das Grimme-Institut erklärt, Gerlach stehe für eine dritte fünfjährige Amtsperiode nicht zur Verfügung. Die promovierte Juristin ist seit Anfang Mai 2014 Grimme-Chefin. Unklar ist, ob die Leitungsposition noch öffentlich ausgeschrieben werden soll und bis wann die Stelle nachbesetzt sein soll. Fragen dazu wie auch zum Anforderungsprofil wollte der DVV nicht beantworten. Man wolle sich aufgrund des fortlaufenden Prozesses derzeit nicht weiter zu Details des Besetzungsverfahrens äußern, teilte der DVV dem epd mit.

Beim Grimme-Institut wurde im vorigen Jahr mit bis dato nicht gegenfinanzierten Mehrkosten in Höhe von 430.000 Euro im Haushalt für 2024 kalkuliert. Als Grund dafür verwies Geschäftsführerin Gerlach damals auf Tariferhöhungen beim Personal und inflationsbedingte Kostensteigerungen im Veranstaltungsbereich und im Energiesektor. Bereits 2023 anfallende Mehrausgaben führten nicht zu einem Defizit bei Grimme, weil das Land Nordrhein-Westfalen mehr Geld zusagte. Die Düsseldorfer Staatskanzlei stellte aus ihrem Medienetat neben der jährlichen Grundförderung von 2,345 Millionen Euro zusätzlich 323.000 Euro bereit. Das Land ist der Hauptfinanzier von Grimme.

Entlassungen nicht vorgesehen

Inzwischen prognostiziert das Grimme-Institut für 2024 einen ausgeglichenen Haushalt. Wie das erreicht werden solle, dazu äußerte sich Geschäftsführerin Gerlach auf epd-Anfrage nicht näher. Über Entlassungen von Angestellten Einsparungen in diesem Jahr zu erreichen, sei jedenfalls nicht vorgesehen. Zwischen der Geschäftsführung und der Belegschaftsvertretung sei vereinbart worden, dass es für das laufende Jahr keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll, bestätigte Grimme-Chefin Gerlach auf Nachfrage.

Wie im Jahr 2024 ein ausgeglichener Haushalt bei Grimme genau erreicht werden soll, dazu äußerte sich auch NRW-Medienminister Nathanael Liminski gegenüber dem epd nicht konkreter. Er sagte: "Die bisherigen Aufgabenplanungen des Grimme-Instituts für 2024 und der Wirtschaftsplan sehen deutliche Einsparungen vor, um dadurch einen ausgeglichenen Haushalt zu sichern." Der Medienminister verwies ferner darauf, dass sich die Grimme-Gesellschafter "gerade gemeinsam um eine ergänzende Unterstützung" bemühten, "die den Kernaufgaben des Instituts - aktuell insbesondere der Verleihung des Grimme-Preises - zu Gute kommen soll." Am 26. April wird zum 60. Mal der Grimme-Preis verliehen. Beim Grimme-Online-Award soll es dem Vernehmen nach zu Einsparungen kommen, wobei dazu Näheres bisher nicht bekannt ist.

Kritik der Belegschaft

Laut dem DVV ist oberstes Ziel der Grimme-Gesellschafter, "das Fortbestehen des Grimme-Instituts zu sichern und hierfür nicht nur die Finanzierung auf sichere Beine zu stellen, sondern auch eine klare inhaltliche Strategie für die Zukunft zu entwerfen". Es gehe dabei um "die Fokussierung auf die Medienpreise und den Mediendiskurs als Kernkompetenzen des Grimme-Instituts". Dies habe für die Gesellschafter Priorität: "Um diesen Markenkern zu sichern, werden unterschiedliche Maßnahmen für Einsparungen geprüft, auch in den Bereichen Forschung und Medienbildung", so der DVV weiter. Die Grimme-Belegschaft hatte im Dezember kritisiert, dass" ein struktureller Umbau des Hauses - die Abwicklung der Bereiche Grimme-Forschung und Grimme-Medienbildung - durch die Gesellschafter beschlossen" worden sei. Diese Bereiche, die unverzichtbar für den Wesenskern des Hauses seien, aufzugeben, halte man "strategisch für den falschen Weg".

Aus der Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW gab es Bedauern, dass "es mit dem Wegfall dieser Forschungsressourcen in Marl eigentlich nicht mehr wirklich eine unabhängige Stelle in Deutschland gibt, die noch Fernsehforschung macht". So sagte es der Kommunikationswissenschaftler Hektor Haarkötter in der Sitzung der Medienkommission am 19. Januar.

Erweiterung des Gesellschafterkreises?

Der Direktor der NRW-Medienanstalt, Tobias Schmid, sagte, der finanzielle Betrag, der bei Grimme fehle, sei "nicht nix". Wenn die Medienanstalt Geld in der Größenordnung, wie es bei Grimme fehle, aus ihrem Haushalt herausnehmen würde, "dann machen wir ganz viele andere Sachen nicht", erklärte der Direktor. Er verwies darauf, dass es den Grimme-Gesellschaftern erst einmal darum gegangen sei, das Institut finanziell zu stabilisieren, um dann zu prüfen, wie es weitergehen könne. Denkbar sei, den Grimme-Gesellschafterkreis zu erweitern. Schmid warf ferner die Frage auf, warum es zuletzt beim Grimme-Preis keine Sponsoringerlöse mehr gegeben habe. Die Medienanstalt habe dem Grimme-Institut außerdem signalisiert, bei weiteren Engpässen unter Umständen durch die interimistische Übernahme von Personal zu helfen.

Im nordrhein-westfälischen Landtag will unterdessen die oppositionelle SPD-Fraktion über eine Kleine Anfrage Auskunft von der Landesregierung über die Zukunft von Grimme erhalten. Die Regierung von CDU und Grünen solle sich dazu äußern, wie sie als größte Geldgeberin auch langfristig eine auskömmliche Finanzierung des Instituts garantieren wolle. Außerdem will die SPD-Fraktion erfahren, ob die Regierung die Arbeit des in Köln ansässigen Grimme-Forschungskollegs fortgeführt wissen will. Erfahren will die SPD auch, wie viel Geld aus dem Grimme-Etat seit 2015 für das Forschungskolleg eingesetzt wurde. In dem Jahr wurde das Forschungskolleg von Grimme und der Universität zu Köln als gemeinnützige GmbH gegründet.

vnn



Zuerst veröffentlicht 19.02.2024 15:32 Letzte Änderung: 19.02.2024 17:39