Bei der Neuaufstellung der Filmförderung ist noch viel zu tun - epd medien

21.02.2024 12:00

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), diskutierte während der Berlinale über die Neuaufstellung der deutschen Filmförderung.

Filmstandort Deutschland im europäischen Umfeld nicht mehr gesichert

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne)

Frankfurt a.M. (epd). Heute ist jeder auf den Film "Das Lehrerzimmer" stolz. Er war nicht nur ein veritabler Kinoerfolg, sondern hat es auch unter die Nominierungen für den Oscar als bester nicht englischsprachiger Film geschafft. Das gelingt einem deutschen Film nicht jedes Jahr. Der Siegeszug des Films begann im vergangenen Jahr auf der Berlinale. Es habe aber davor Jahre gedauert, bis er den Film finanziert bekommen habe, sagte der Produzent Ingo Fliess in diesem Jahr bei den Filmfestspielen, viele Förderungen hatten abgesagt.

Dass das Filmfördersystem der Bundesrepublik, das insgesamt rund 600 Millionen Euro aus den verschiedenen Töpfen von Bund und Ländern zu vergeben hat, weder schnell noch effektiv ist, darüber wird in der Branche schon seit Jahrzehnten geklagt. Aber dass es mittlerweile auch nicht mehr in der Lage ist, den Filmstandort Deutschland wenigstens im europäischen Umfeld zu sichern, ist eine traurige Erkenntnis der vergangenen Jahre: Das legendäre Studio Babelsberg steht mehr oder weniger leer, und große Produktionen wandern in andere Länder ab.

Steiniger Weg der Filmfinanzierung

Zu Beginn der Berlinale 2023 hatte Claudia Roth (Grüne) die Grundzüge einer Neuaufstellung der deutschen Filmförderung und Vorschläge für eine Neustrukturierung des Fördersystems vorgelegt. In diesem Jahr folgte die Konkretisierung durch den Referentenentwurf für die Novellierung des Filmfördergesetzes, die zum 1.1.2025 in Kraft treten muss. Am Berlinale-Dienstag lud die Bundeskulturministerin zu einem Parlamentarischen Frühstück und zur Diskussion ein: "Bewegte Zeiten: Die Zukunft des deutschen Films" hieß die Veranstaltung, bei der noch Svenja Böttger, die Leiterin des wichtigsten deutschen Nachwuchsfestivals Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken, und die Regisseurin Milena Aboyan auf dem Podium saßen; Aboyan hatte mit ihrem Film "Elaha" für Furore gesorgt - und konnte auch gleich von dem steinigen, vier Jahre währenden Weg berichten, ihren nächsten Film zu finanzieren.

"Wir können es uns nicht leisten, auf die Kultur zu verzichten", betonte Roth, der Film spiele eine entscheidende Rolle im "Sound der Demokratie". Und zählte noch einmal die in den Raum gestellten Neuerungen auf. Die durch die Kinoabgabe finanzierte Filmförderungsanstalt (FFA), die zentrale Fördereinrichtung des Bundes, soll durch eine Verzahnung mit den Länderfilmförderungen gestärkt werden. Die beiden großen vom Bund bereitgestellten Fördertöpfe Deutscher Filmförderfonds und German Motion Picture Fund sollen durch ein Steueranreizmodell ersetzt werden, das mit Steuernachlässen operiert und mit dem andere Länder wie Italien, Spanien oder Tschechien schon längst arbeiten. Der Vorteil dieses Systems ist die Permanenz: Sind die beiden bisherigen großen Fördertöpfe (die dieses Jahr auch um 30 Millionen Euro gekürzt wurden) leer, war bisher Schluss mit der Förderung. Die Programmanbieter sollen mit einer Investitionsverpflichtung, die es auch in anderen Ländern gibt, zur Kasse gebeten werden. Und natürlich, wir sind ja bei den Grünen, soll green shooting, also Filmproduktion nach ökologischen Kriterien, gefördert und ein Diversitätsbeirat eingerichtet werden.

Jeder Film braucht eine spezielle Vermarktungsstrategie

So weit, so gut. Und so vage. Die drei großen Pfeiler einer Neustrukturierung entstanden im Austausch mit der Branche, aber vieles bleibt im Unklaren. Ein Steueranreizmodell fällt natürlich in die Hoheit des Finanzministeriums, mit dem wohl gerade erst die Verhandlungen aufgenommen werden. Inwieweit die Länderfilmförderungen mitspielen, ist auch fraglich, versprechen sie sich doch von ihrer Förderung einen Regionaleffekt: Geld, das in ihrem jeweiligen Bundesland ausgegeben wird. Und gegen die Investitionsverpflichtung gibt es schon Widerstand: Die ARD - kaum ein Film in Deutschland entsteht ohne Senderbeteiligung - sieht die Verpflichtung als einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit und Programmautonomie. Vaunet, der Verband privater Medienanbieter (zu denen etwa auch die Streamingportale gehören), sieht dadurch eine Abdämpfung des Steueranreizmodells.

Dass eine Neustrukturierung der Filmförderung aber nicht nur auf die Produktion von Kinospielfilmen beschränkt bleiben sollte, darauf insistierte Svenja Böttger. Jeder Film brauche in seiner Vermarktung eine spezielle Strategie, um Erfolg zu haben und sichtbar zu werden. "Filmfestivals und Kinos gehören zusammen" in der Verwertungskette eines Films. Und letzten Endes, das wurde auch in der anschließenden Diskussion deutlich, geht es bei einer Neuordnung auch um den Erhalt der Vielfalt des deutschen Films. Animationsfilme etwa, darauf wies die Regisseurin Anne Isensee hin, entstehen in Deutschland unter prekären Bedingungen - und werden im Filmfördergesetz noch nicht einmal ausdrücklich genannt. Auch die Kurzfilmförderung werde eher stiefmütterlich behandelt. Da stehen noch einige Baustellen an.

Rudolf Worschech Copyright: epd-bild/Heike Lyding Darstellung: Autorenbox Text: Rudolf Worschech war bis 2023 Leitender Redakteur von "epd Film".



Zuerst veröffentlicht 21.02.2024 13:00 Letzte Änderung: 22.02.2024 09:18

Rudolf Worschech

Schlagworte: Medien, Filmförderung, Gesetze, Roth, RPT, NEU

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