24.06.2024 11:01
Washington (epd). Die Führungskrise bei der Tageszeitung "Washington Post" führt zu ersten personellen Konsequenzen. Geschäftsführer William Lewis teilte am 21. Juni ohne Angabe von Gründen mit, dass der designierte neue Chefredakteur Robert Winnett nun doch nicht komme. Er bleibt stellvertretender Chefredakteur bei der britischen Telegraph Media Group. Interimsweise leitet der ehemalige "Wall Street Journal"-Chefredakteur Matt Murray bis zu den Wahlen im November die Redaktion. Mit beiden hatte Lewis bereits in früheren Funktionen zusammengearbeitet.
Seit dem abrupten Rücktritt von Chefredakteurin Sally Buzbee am 2. Juni sind in zahlreichen US-Medien Beiträge über fragwürdige journalistische Praktiken von Winnett und Lewis erschienen, im Raum steht beispielsweise der Vorworf der Verwendung möglicherweise gestohlenen Materials. Ein Betrag in der "Post" selbst handelte von angeblich "unehrlichen Methoden" eines Gewährsmanns für Winnett, darunter manipulierte Passwörter für Bankkonten und fingierte Telefonanrufe bei Behörden.
Die "New York Times" hatte am 5. Juni über das angespannte Verhältnis zwischen Buzbee und CEO Lewis berichtet. Dieser habe sich im Mai angeblich bei Buzbee gegen die Veröffentlichung eines Textes über seine mögliche Rolle bei der Aufarbeitung des berüchtigten britischen Abhörskandals von 2011 gestellt. Journalisten aus dem Medienimperium Rupert Murdochs hatten jahrelang Telefone prominenter Persönlichkeiten abgehört. Die "Post" publizierte den von Lewis beanstandeten Text am 21. Mai dennoch.
Kritiker machen sich Sorgen um den politischen Kurs der renommierten "Washington Post". Der britische "Guardian" hatte am 19. Juni berichtet, Lewis habe dem konservativen britischen Premier Boris Johnson - der von 2019 bis 2022 amtierte -angeblich im Dezember 2021 geraten, sein Telefon zu "säubern". Johnson wurde damals von Berichten überrollt, er habe Corona-Richtlinien bei Partys verletzt. Lewis sei Teil einer Kampagne namens "Operation Save Big Dog" gewesen, um Johnson zu retten.
Die "Washington Post" gehört seit 2013 dem Amazon-Gründer Jeff Bezos, einem der reichsten Menschen der Welt. Bezos hat Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versichert, die "journalistischen Standards" würden sich nicht verändern. Die Zeitung verliert seit mehreren Jahren Leserinnen und Leser, besonders im digitalen Bereich. Vergangenes Jahr hat sie nach eigenen Angaben ein Minus von 77 Millionen Dollar geschrieben. Lewis will die Redaktion umbauen und eine separate Abteilung für "Service Journalismus", soziale Medien und Videobeiträge aufbauen.
ege
Zuerst veröffentlicht 24.06.2024 13:01 Letzte Änderung: 24.06.2024 13:04
Schlagworte: Medien, USA, Washington Post, Winnett, ege, Lewis, NEU
zur Startseite von epd medien