Wenig Witz - epd medien

21.08.2024 08:10

Im "Comedy Battle" bei Joyn treten Comedians aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gegeneinander an und beleidigen sich möglichst pointiert. Doch die Gags sind meist eher oberflächlich und reproduzieren Klischees, findet Lukas Respondek.

Im "Comedy Battle" bei Joyn duellieren sich Comedians aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

epd Battle Rap ist bekannt. Die Veranstaltungen, in denen sich die auftretenden Rapper gegenseitig beleidigen ("dissen"), sind vor allem bei jungen Menschen beliebt. Joyn hat diese Idee auf Comedy übertragen. In der Show "Comedy Battle", die die Streaming-Plattform von ProSieben stolz als erste Ko-Produktion von Joyn Deutschland, Joyn Österreich und Joyn Schweiz angekündigt hat, duellieren sich Comedians in sogenannten Roast Battles. Doch die Beschimpfungen sind nicht immer humorvoll und pointiert, eher beleidigen sie sich minutenlang mit fiesen, oft die Geschmacksgrenzen überschreitenden Gags.

Eine Jury, bestehend aus Abdelkarim aus Deutschland, Angelika Niedetzky aus Österreich und Charles Nguela aus der Schweiz, bewertet die Leistung beider Kontrahenten und stimmt für die Duellsieger ab. Leider loben die Juroren alles und jeden über den grünen Klee.

Stumpfe Spitzen

An verbalen Spitzen, fiesen Attacken und bösen Beleidigungen mangelt es der Show nicht. Jede halbstündige Folge besteht aus Einspielern, in denen die antretenden Comedians vorgestellt werden, drei Duellen und Jurywertungen - für Tempo ist also gesorgt. Insgesamt 31 Comedians treten an, sie geizen nicht mit gemeinen Gags. Leider geraten diese Spitzen viel zu oft recht stumpf: Dicke Bäuche und schiefe Nasen müssen als Rampe zum Witz herhalten, und wenn einem sonst nichts einfällt, riecht die Schweizerin eben wie ein Stück Brot im Käsefondue. Moderator Chris Stephan scheint all das recht zu sein, verbietet er den Kandidaten doch lediglich das Kratzen, Schubsen und Beißen.

Dass die Battles oft bei oberflächlichen Scherzen wahlweise mit Bezug zum Namen, zur Herkunft oder zum Aussehen der Kontrahenten verharren und kaum weiteren persönlichen Tiefgang wagen, offenbart ein Problem des Formats: Viele der Comedians sind recht unbekannt, Witze können daher kaum näheren Bezug zur Persönlichkeit oder zur Biografie der Kandidaten nehmen. Stattdessen greifen die Comedians beherzt in die Klischeekiste und hoffen, mit nationalen Stereotypen, Bodyshaming und anderen einfallslosen Attacken einen Lacher erzielen zu können.

Zahlreiche Adaptionen

Es ist lobenswert, dass das Format vorwiegend jüngeren, unbekannteren Stand-up-Comedians eine Bühne gibt und damit etwas zur Diversität der Comedy im Fernsehen beiträgt, doch für ein Format, in dem die Bekanntheit der Kandidaten Grundlage für weniger plumpe Oberflächlichkeiten wäre, ist das kritisch. Dass einer der drei Battles pro Folge ein Duell zweier parodierter Promis ist, scheint daher zunächst eine gute Idee zu sein, um diese Schwäche des Formats zu überwinden. Doch obwohl die Missbrauchsvorwürfe gegen Michael Jackson und das Zaubererleben von Harry Potter reichlich Anlass zu spezifischen Scherzen geben, kommen die Beleidigungen und Pointen auch in diesen "Historien-Battles" oft zu oberflächlich daher.

Neu ist das Konzept nicht: Als "Jeff Ross Presents Roast Battle" gingen die Duelle sich gegenseitig pointiert beleidigender Comedians 2016 in den USA als TV-Show auf Sendung, seither gab es zahlreiche Adaptionen in aller Welt. In Deutschland sind bereits mehrere Staffeln von "Roast Battle" für Comedy Central entstanden. Produziert wurden sie von Michael Starkl und seiner Produktionsfirma, so wie nun auch "Comedy Battle" für Joyn.

Oberflächliche Gemeinheiten

Von früheren Auftritten in derlei Battle-Formaten können die Kandidaten nun profitieren: Die tunesisch-schweizerische Comedienne Leila Ladari ist einst im "Roast Battle" von ihrem Kontrahenten als "Neutraliban" bezeichnet worden - im "Comedy Battle" verwendet sie diesen Begriff nun selbst. Das muss diese Völkerverständigung sein, von der alle reden, sobald im Fernsehen mehr als zwei Länderflaggen gleichzeitig zu sehen sind.

Dass Joyn das Roast-Battle-Konzept nun als Drei-Länder-Produktion aufbauscht und um ein Duell zwischen Prominentenparodien erweitert, ändert am Grundcharakter des gegenseitigen Roasts nichts: "Comedy Battle" gibt Stereotypen eine Bühne und macht aus oberflächlichen Gemeinheiten einen einvernehmlichen Klischeekampf, der leider zu selten mit raffiniertem Witz überrascht. Im Gegenteil: Der pausenlos derbe Humor verliert schnell den Reiz des Verbotenen, des Rebellischen, des Aufregenden. Als Zuschauer merkt man, wie man mit jeder weiteren stumpfen Spitze selbst abstumpft.

"Comedy Battle", sechsteilige Comedyshow mit Chris Stephan, Regie: Michael Starkl, Buch: Ben Schmid, Thomas Korponay-Pfeifer, Produktion: Starkl Film (Joyn, seit 24.7.24, ProSieben, ab 21.8.24 jeweils mittwochs, 1.15-2.20 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 21.08.2024 10:10

Lukas Respondek

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Streaming, Kritik, Kritik.(Streaming), Comedy

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