"Geldverdienen verpflichtet" - epd medien

03.12.2024 08:40

Alterskontrollsysteme sollen dazu beitragen, Kinder und Jugendliche im Internet besser vor problematischen Inhalten zu schützen. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) veranstaltete am 12. November in Berlin eine Tagung zum Thema "Altersprüfung als Schlüssel für ein sicheres Netz". Gemeinsam mit Anbietern und Plattformen wurde dort diskutiert, welche Optionen es für die Alterskontrolle gibt und welche Ansätze Nachbarländer verfolgen. Eva Flecken, die Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, warnte bei der Veranstaltung "KJM im Dialog" vor der "Komplexitätsfalle", in die der Jugendmedienschutz angesichts des Zusammenspiels der Gesetzgebung durch Bund, Länder und Europäische Union (EU) geraten könne. Wir dokumentieren die Begrüßungsrede von Eva Flecken, die auch Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) ist, im Wortlaut.

Medienaufseherin Eva Flecken zum Jugendmedienschutz im Internet

MABB-Direktorin Eva Flecken am 12. November bei der Eröffnung der Veranstaltung "KJM im Dialog"

Das Medienrecht ist derzeit geprägt von zahlreichen neuen Gesetzgebungsvorhaben - und alle haben das ehrenwerte Ziel vor Augen, die Nutzer:innen zu schützen. Dabei sind insbesondere die schutzbedürftigen Gruppen, unsere Kinder und Jugendlichen, zu Recht im Fokus.

Doch bei all diesen grundsätzlichen, engagierten und ambitionierten Vorhaben gibt es einen Gedanken, der mich umtreibt, aber auch antreibt, und daher habe ich Ihnen heute die Überschrift "Wirksam sein" mitgebracht: Die Vielzahl von Gesetzesinitiativen beeinflusst den Medienbereich - und oft ist es ein komplexes Zusammenspiel von EU, Bund und Ländern. Sicherlich immer gut gemeint, doch manchmal fühlt es sich an, als stünden wir bereits mit einem Bein in einer Komplexitätsfalle.

Wirksamkeit ist das Ziel bei der Durchsetzung der Gesetze.

Um eine breite Akzeptanz dieser Gesetze zu erreichen, dürfen wir nicht in einem Modus der breitbeinigen Ankündigung verharren. Es ist an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen und die bestehenden Regelungen konsequent anzuwenden. Denn regulatorische Taten sind notwendig, um wortreichen Gesetzestexten Leben einzuhauchen. Und das gilt für alle Institutionen, die einen gesetzlichen Auftrag haben - auch für jene, die sich ihren Auftrag teilweise selbst definiert haben.

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ist hier ein gutes Beispiel: Sie geht voran, sowohl bei der Bewertung von Einzelfällen als auch bei der Abhilfe in rechtswidrigen Einzelfällen.

Unser Medienrecht ist komplex, das ist keine Frage. Wir stehen einer kaum überschaubaren Vielzahl an Inhalten gegenüber, und die Medienaufsicht widmet sich dabei den einzelnen Fällen und bewertet diese. Wirksamkeit ist das Ziel - bei der Durchsetzung der Gesetze und den daraus resultierenden Schutzmaßnahmen. One-Click-Wonder sind hier nicht zielführend.

Wir stehen vor einer gänzlich anderen Dimension der Herausforderungen

Es gibt wirksamen Schutz, und in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen die eindrucksvolle Datenbank der KJM zu den Altersverifikationssystemen ans Herz legen. Es sind an die 100 Systeme, die die KJM geprüft und anerkannt hat.

Doch auch bei den Einzelfällen zeigt sich die Wirksamkeit: 95 Prozent der rechtswidrigen Fälle, die bei der Europäischen Kommission gemeldet werden, kommen aus Deutschland. Doch es ist nicht nur die Quantität, auch die Art der Einzelfälle zeigt die Notwendigkeit unserer Arbeit: Volksverhetzung, Verstöße gegen die Menschenwürde und verfassungswidrige Kennzeichen sind Themen, die die Medienanstalten konsequent verfolgen.

Eine geschätzte und langjährige Kollegin aus meinem Haus fasste es letztens so zusammen: Früher haben wir uns um die Jokos und Klaas' im linearen TV gekümmert. Heute stehen wir vor einer gänzlich anderen Dimension der Herausforderungen: Brachiale Gewaltdarstellungen und bisweilen unaussprechliche Gräueltaten sind an der Tagesordnung. Wenn das für uns schon belastend ist - wie viel mehr dann für unsere Kinder und Jugendlichen?

Unsere Aufgabe ist es dabei auch, die richtigen Regulierungsadressaten zu identifizieren, und hier verfolge ich ehrlicherweise einen sehr trivialen Gedanken: Wer mit eigenen Inhalten oder mit dem Zugang von Inhalten Geld verdient, der muss bei der Rechtsdurchsetzung auch in Anspruch genommen werden können. Ganz einfach: Geldverdienen verpflichtet.

dir



Zuerst veröffentlicht 03.12.2024 09:40

Schlagworte: Medien, Medienanstalten, Aufsicht, Jugendmedienschutz, Flecken, Dokumentation

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