31.12.2024 09:46
Warschau (epd). In Polen stehen die privaten Fernsehgruppen TVN und Polsat ab dem 1. Januar 2025 auf einer Liste strategisch wichtiger Unternehmen, die nicht ohne Zustimmung der Regierung an Investoren aus dem Ausland verkauft werden dürfen. Der liberal-konservative Ministerpräsident Donald Tusk hatte den Schritt Mitte Dezember angekündigt. Medien, Telekom-Betreiber und Energie-Unternehmen dürften nicht von Kräften kontrolliert werden, "die dem polnischen Staat feindlich gegenüber eingestellt sind", erklärte Tusk und sprach von einem "hybriden Krieg" gegen die Interessen Polens.
Wojciech Krol, der neue Vorsitzende des Nationalen Medienrates (RMN), begrüßte den Schritt. In einem Radiointerview betonte er, man müsse in Betracht ziehen, "was sich hinter der Ostgrenze tut", und die Aktivitäten "feindlicher Geheimdienste" berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund handele es sich bei den beiden TV-Gruppen um "kritische Infrastruktur".
TVN und Polsat sind die beiden größten kommerziellen Fernsehunternehmen in Polen. Das 1997 gegründete TVN mit den TV-Kanälen TVN, TVN 7, TVN 24 und TTV gehört seit 2015 US-amerikanischen Unternehmen, aktuell ist Warner Bros. Discovery der Besitzer. Berichten zufolge steht TVN aber aufgrund finanzieller Probleme von Warner zum Verkauf. Zu den Interessenten sollen das US-Unternehmen Fox der Familie Murdoch, die den künftigen US-Präsidenten Donald Trump unterstützt, und ein dem rechtsgerichteten ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban nahestehender Medienkonzern gehören.
Das 1992 gegründete Polsat mit den TV-Kanälen Polsat, Polsat 2, Polsat News, Super Polsat, TV 4, TV 6, Fokus TV und Wydarzenia 24 gehört dem 68-jährigen polnischen Unternehmer Zygmunt Solorz, einem der reichsten und erfolgreichsten Polen. Er besitzt neben Polsat auch andere Firmen wie Polkomtel, Netia, Elektrim und Interia.
Der neue RMN-Vorsitzende Wojciech Krol erklärte nach seiner Wahl am 12. Dezember in Warschau, er wolle sich für "starke öffentlich-rechtliche Medien in einem starken Staat" einsetzen. Bei der Wahl in dem Gremium erhielt er drei von fünf Stimmen - die beiden Stimmen der Vertreter der sozialdemokratischen Linken, die der jetzigen Regierungskoalition unter Führung von Tusk angehören, und seine eigene. Die zwei Stimmen der Vertreter der nationalkonservativen Partei PiS entfielen auf Piotr Babinetz (PiS). Der vorherige RMN-Vorsitzende Krzysztof Czabański (PiS) war im Dezember wegen eines "Interessenkonflikts" vom Parlament abberufen worden.
Der 39-jährige KO-Parlamentsabgeordnete Krol, der Tusks Bürgerkoalition (KO) angehört, war am 5. Dezember im Parlament mit 234 zu 24 Stimmen zum RMN-Mitglied gewählt worden. Der aus Oberschlesien stammende Krol studierte Rundfunk-Journalismus und -Management in Katowice und Lodz. Er ist seit 2015 Abgeordneter und gehört seitdem dem Ausschuss für Kultur und Massenmedien an, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender.
Der Nationale Medienrat wurde 2016 gegründet und wählt die Vorstände und Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen. Dazu gehören unter anderem das Fernsehen TVP und der nationale Hörfunk Polskie Radio. Seit Ende Dezember 2023 befinden sich die öffentlich-rechtlichen Medien im Zustand der "Liquidierung", was auf einen Konflikt der Regierungskoalition mit der Oppositionspartei PiS unter Jaroslaw Kaczynski zurückzuführen ist. Staatspräsident Andrzej Duda, der der PiS nahesteht, hatte im Dezember 2023 sein Veto gegen den Haushalt 2024 eingelegt. Dazu gehörten auch Finanzmittel für die öffentlich-rechtlichen Medien
ebe
Zuerst veröffentlicht 31.12.2024 10:46
Schlagworte: Medien, Polen, RMN, Krol, Tusk, Polsat, TVN, ebe
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