06.12.2024 09:16
epd Der 1985 verstorbene Altlinke Oskar (Harald Krassnitzer) wandelt immer noch auf Erden. Genauer gesagt durch Wien. Als Schutzengel muss sich der alte Anti-Atomkraft-Recke das Paradies erst noch verdienen, hatte seine Lebensführung doch zu wünschen übrig gelassen. Der Job ist hart. Kaum klingelt Oskars altmodischer Pager, heißt es, das Leben Schutzbefohlener zu retten. Das gelingt nicht immer. Nachdem Oskar gleich zwei Fälle verbockt hat, bekommt er von der Chefin der Embh (Engel mit beschränkter Haftung) eine letzte Chance: Er soll den Drogendealer Pierre (Denis Schmidt) beschützen, der alle paar Stunden in Gefahr gerät. Zur Krönung soll er parallel auch noch die durch seine Minderleistung gerade am goldenen Schuss verstorbene Mira (Maresi Riegner) zum Schutzengel ausbilden.
Die sieht - clever, jugendfrisch und rebellisch - überhaupt nicht ein, warum sie so einem "Arschloch" das Leben retten soll. Der alte Zyniker Oskar macht hingegen pflichtbewusst und müde als Engel Dienst nach Vorschrift. Was seine Chefin von der EmbH mit Kommandozentrale auf dem Wiener Zentralfriedhof und deren Chefin (= Gott) sagen, wird nach wenigen Widerworten auch gemacht. Anders kommt man nun mal nicht ins Paradies.
Die Konstellation ist also: Alter, in der Zeit stehengebliebener Zausel und kecke junge Frau, Kind ihrer Generation, kabbeln sich. Die Geschichte, die sie zusammen erleben, ist nicht sehr spannend und mäandert herum. In ihr spielen auch Oskars Tochter und die böse Pharmaindustrie eine Rolle. Ein spannenderer und stringenter erzählter Plot hätte viel für den originellen Film getan. So machen die oft unverblümten Dialoge und das Geplänkel zwischen Mira und Oskar "nur" schmunzeln. Immerhin sind sie auf morbid-wienerische Weise unterhaltsam, das hat man auch nicht alle Tage.
Am Ende stellt sich heraus, dass Mira keine Azubine war, sondern der höchst talentierte Schutzengel von Oskars Tochter. Und eine fragwürdige Moral hat die Geschichte auch noch: Oskar, der als notorischer Revoluzzer mit der Kirche eigentlich nichts am Hut hatte, hatte Gott in einer Stunde der Not versprochen, er werde sich ändern, wenn seine an Leukämie erkrankte Frau gerettet würde. Die Frau überlebte. Doch Oskar hielt sich nicht an sein Versprechen und von da an ging in seinem Leben alles schief.
Über einige Dinge gilt es hier also hinwegzusehen, auch über die völlig übertriebene Maske von Krassnitzer. Er trägt eine weiße Penner-Perücke und ist auf extraalt zurechtgemacht. Warum? Laut Film bleibt für Engel im Moment des Todes die Zeit doch stehen und er war doch gerade mal mit 60 Jahren aus dem Leben geschieden, also ziemlich genau im Alter des Schauspielers, der die Rolle daher auch ungeschminkt hätte spielen können.
Erst neulich war ein Film vom gleichen Duo, Uli Brée und Dirk Kummer, zu sehen: das Transgender-Drama "Ungeschminkt" mit Adele Neuhauser. Ebenfalls ein überdurchschnittlicher Film. Ebenfalls mit in ihren Rollen sehr überzeugenden Schauspielerinnen und Schauspielern, das spricht für die Regie. Aber ebenfalls ein Film, bei dem man sich gewünscht hätte, dass ein paar "Darlings" im Drehbuch rechtzeitig gekillt worden wären.
infobox: "Engel mit beschränkter Haftung", Fernsehfilm, Regie: Dirk Kummer, Buch: Uli Brée, Kamera: Joe Berger, Alex Püringer, Produktion: Cult Film (ARD/ORF/BR, 4.12.24, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 06.12.2024 10:16
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KARD, KBR
zur Startseite von epd medien