Überzeugende Typen - epd medien

19.11.2024 08:15

"Uferpark - Gute Zeiten, wilde Zeiten", ist ein Spinoff für Jugendliche der erfolgreichen Daily Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" von RTL. Die ersten Folgen, die bei RTL+ und Toggo zu sehen sind, haben Potenzial, denn sie erzählen von Themen, die junge Zuschauer interessieren: Freundschaft, erste Liebe und Rap.

Amina (Tanaz Molaei), Yunis (Victor Bass), Lea (Maja Merkord), Ben (Salimou Thiam), Pepe (Konrad Neidhardt) und Milo (Jesse Beyerling) haben einen alten Skaterpark entdeckt

epd 1992 startete RTL die Daily Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" (GZSZ) - nach dem Vorbild der australischen Serie "The Restless Years". Im Mittelpunkt der deutschen Fassung standen junge Menschen, die - wo sonst in jenen Jahren - natürlich in Berlin-Mitte ins Leben starteten. Die GZSZ-Fangemeinde wuchs schnell, inzwischen ist die Serie die dienstälteste und erfolgreichste Daily Soap im deutschen Fernsehen. Inzwischen sind aber auch die Fans der ersten Stunde 32 Jahre älter, mithin längst selbst im Eltern- oder sogar Großeltern-Alter. Da liegt es nicht fern, mit einem GZSZ-Ableger nun auch die nächste Zuschauer-Generation in den Blick zu nehmen.

Nach mehreren Spin-offs folgt jetzt also eine Art GZSZ-Version für Kinder und Familien mit dem Titel "Uferpark - gute Zeiten, wilde Zeiten"- Gedreht wurden zunächst 26 Folgen, 13 Folgen sind derzeit bei RTL+ und im Kinderkanal Toggo von RTL zusehen. Es geht um eine Freundesclique von sechs Heranwachsenden, die gemeinsam einen stillgelegten Skaterpark in Berlin entdecken, erobern - und gegen gierige Investoren verteidigen müssen. Dabei geht es natürlich um Themen, die ältere Kinder und Teens zwischen 10 und 15 Jahren so beschäftigen: Freundschaft, die erste Liebe, Rap, Talente, eigene Räume, Erwachsenwerden.

Eine Art Safe Space

Im Mittelpunkt stehen fünf Freunde: die zeichnerisch und gesanglich begabte Amina (Tanaz Molaei), ihr bester Freund Yunis (Victor Bass), der gern rappt, Lea (Maja Merkord), deren ganzer Ehrgeiz dem Skaten gilt. Pepe wiederum (Konrad Neidhardt), will seinen Kumpel Yunis als Rapper mit selbstgedrehten Videos bekannt machen und sieht sich auch sonst als künftigen Manager. Der stille Milo (Jesse Beyerling) wird von seinen ambitionierten Eltern zum Flötespielen mit einem 4.000 Euro teuren Instrument und einem Star-Flötisten als Lehrer angehalten.

Viel mehr erfährt man - zumindest in den ersten Folgen - jedoch nicht über das soziale Umfeld dieser Jugendlichen. Dafür gibt es eine feindlich gesinnte Gang rund um den großmäuligen Tom, die die fünf Freunde vom städtischen Skaterplatz vertreibt. Die entdecken auf ihrer Flucht wiederum einen alten, stillgelegten Skaterpark - ideal für ihre Bedürfnisse und eine Art Safe Space.

Gut-Böse-Muster

Dort treffen sie auf den Erwachsenen Flo (Martin Bretschneider), der früher selbst Profi-Skater war und sich auf dem verlassenen Gelände häuslich eingerichtet hat. Das Areal gehört ihm und seiner Schwester Sandra (Andrea Cleven), beide hatten einmal den Traum von einem eigenen Skatepark, bis ein Unfall von Flos bestem Freund die Pläne zunichte machte. Sandra will nun zusammen mit ihrem alten Bekannten Jo Gerner (GZSZ-Urgestein Wolfgang Bahro, weiter in der Rolle des intriganten Fieslings) das am Wasser gelegene Gelände an Investoren teuer verkaufen, doch Flo wehrt sich dagegen - zusammen mit den Kids.

Soweit die Grundkonstellation, die einem relativ simplen Gut-Böse-Muster folgt. Die einzig ambivalente Figur ist Ben (Salimou Thiam), der eigentlich zu Toms Clique gehört, sich aber in Amina verguckt und auch sonst Toms rüden Stil nicht unbedingt zu billigen scheint. Damit kommen interessante Nuancen ins Spiel, zumal Amina, die gerade mit ihrem bislang "nur" besten Freund Yunis die erste Liebe erlebt, sich auch zu Ben hingezogen fühlt - eine Gemengelage, die in den nächsten Folgen Raum für neue Konflikte und Konstellationen gibt.

Berlin so clean

Die Darsteller der Kids sind zwischen 15 und 21 und wurden in einem aufwendigen Casting ausgewählt, schließlich sollten sie neben schauspielerischem Talent auch noch musikalische und sportliche Fähigkeiten (eben Skaten) mitbringen. Das ist durchaus gelungen, auch als Typen sind die sechs überzeugend und ihre Figuren haben das notwendige Potenzial, um Interesse an ihrer Entwicklung zu wecken.

Weniger überzeugend ist das hier gezeigte Berlin, das in den RTL-Soaps immer ein wenig zu clean und zu nett wirkt, um glaubwürdig zu sein. Auch der Rap, der hier eine große Rolle spielt, ist eher von der netten, kindgerechten Art. Schließlich soll "Uferpark" ja eine Familienserie sein. Zum Setting gehört natürlich auch eine Art "Kiez-Maskottchen", in diesem Fall Ora Dora (Ilona Schulz), die ältere, aber rüstige und lebenslustige Besitzerin der "Bubble Bar", die den Kids mit Ratschlägen und praktischer Hilfe zur Seite steht.

Das junge Publikum interessieren aber eher Fragen wie erste Liebe, echte Freundschaft, Zusammenhalt oder Mobbing und weniger die Authentizität eines Umfelds, das in der Realität wesentlich rauer aussieht. Bleibt die Frage, wer den Kids wann schonend beibringt, dass in der Wirklichkeit leider meist die Investoren am längeren Hebel sitzen und gewinnen.

infobox: "Uferpark - Gute Zeiten, wilde Zeiten", 26-teilige Jugendserie, Regie: Patrick Schlosser, Nadine Keil, Buch: Paul Schwarz, Viktoria Assenov u.a., Kamera: Daniel Möller, Produktion: UFA Serial Drama (RTL+, seit 8.11.24, Toggo, seit 18.11.24, werktags 19.05-19.35 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 19.11.2024 09:15

Ulrike Steglich

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Streaming, Kritik.(Fernsehen), KRTL, Steglich

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